Liebe Marke, erzähle uns doch bitte eine Geschichte, die uns interessiert!

Inspiration aus Hollywood durch archetypische Markenführung

Von Maren Renken-Jens, Strategy Director, Scholz & Friends Strategy Group

 

Es ist wie es ist: Trotz erfahrener und engagierter Spezialisten in allen Marketingdimensionen, empfinden viele Menschen auf der Straße Werbung als langweilig, störend oder wenig glaubwürdig. Was das im digitalen Zeitalter für Konsequenzen haben wird, liegt auf der Hand: Wir produzieren mit viel Mühe Kommunikation, die Menschen kaum mehr wahrnehmen oder würdigen werden.

Warum ist das so? Marken erzählen MenschenI oft Produkt-USPs, aber keine interessanten Geschichten. Die USPs werden im Kaufentscheidungsprozess jedoch erst dann relevant, wenn ich mich gezielt informieren möchte. In der so wichtigen Markenpräferenzbildung sind andere Inhalte relevanter: Nämlich die, die unsere Aufmerksamkeif anziehen, weil sie für unseren Alltag und unser Leben als Mensch relevant sind. Wie Geschichten gestrickt sein müssen, um erfolgreich unser Gehirn zu durchdringen, kann man aus zwei ganz unterschiedlichen Bereichen lernen: Aus der Forschung und aus Hollywood.

 

Die Forschung erklärt, was große Geschichtenerzähler in Kassenschlager umsetzen

Aus der Forschung der Psychologie oder der Neurowissenschaften lernen wir, dass Menschen alles besser wahrnehmen, verarbeiten und sogar erinnern können, was die innersten Motive des Menschsein berührt – und deshalb emotional auf uns wirkt. Innerste Motive gehören laut aktuellem Wissensstand zu einem von drei zentralen Bedürfnissen: Dem Sicherheitsstreben, dem Bedürfnis nach Erregung und dem Autonomiestreben.

Hollywood wiederum weiß, wie man diese Motive und ihre Erfüllung in großartige Geschichten verpackt. Die großen Liebes-, Freundschafts- und Gerechtigkeitsgeschichten interessieren unser Sicherheitsstreben. Geschichten über wahre Helden, Kämpfer und das Lösen großer Geheimnisse unser Autonomiestreben. Und die komischen oder rebellischen Themen packen uns aufgrund unseres Bedürfnisses nach Erregung, Freiheit und Wandel. Hollywood arbeitet dabei auf derselben Grundlage wie alle großen Geschichten, die Menschen sich jemals erzählt haben: Vom religiösen Mythos längst vergangener Zeiten bis zum heutigen Blockbuster. Die Basis dieser erfolgreichen Geschichten sind Archetypen.

 

Archetypen – die Brücke von Hollywood zur Markenführung

Archetypen führen uns zu den wichtigen Themen der Menschen, zu den passenden Bildern, Symbolen und Verhaltensweisen. Archetypen sind klare Leitbilder, wie z.B. der charismatische Magier, der mutige Kämpfer oder der freiheitsliebende Abenteurer. Jeder von ihnen erzählt uns über eine andere Strategie, im Leben erfolgreich zu sein. Und während der Magier Herausforderungen durch den Glauben an das Unmögliche löst, der Kämpfer sein Schwert erhebt und der Abenteurer die Welt erkundet, saugen wir Menschen wissbegierig alles, was wir lernen können, in uns auf, indem wir den Geschichten dieser Archetypen gebannt zuhören.

Was bedeutet das für die Markenführung und die Kommunikation von Produkten, die verkauft werden wollen? Ganz einfach: Mehr Hollywood-Inspiration für das Marketing auf der Basis von Archetypen – zum Wohl aller an Werbung Beteiligten. Archetypische Markenführung kann Marken zu dem machen, was Menschen mehr denn je wollen: zu großen Geschichtenerzählern und Leitbildern. Oder zu Helden.

 

Wie Marken zu Helden werden

Marken wie Nike oder Dove, die uns Produkte im Rahmen archetypischer Themen und Geschichten verkaufen, machen es vor. Ihre Werbe-Geschichten über z.B. den Willen zum Sieg oder über die Zufriedenheit mit sich selbst statt des Hinterherjagens falscher Ideale, sind heutige Benchmarks erfolgreicher Kommunikation: Werbung, die ebenso interessiert wie verkauft. Indem Marken, ganz egal in welchem Kanal, erzählen, welchen Beitrag ihre Produkte zu den wichtigen, motivrelevanten Themen des Lebens leisten, werden austauschbare Produkte zum Markterfolg.

Archetypische Markenführung finden wir heute vorrangig bei großen internationalen Marken oder in den USA. Aber auch hier in Deutschland (siehe z.B. Neuroversum) nähern sich erste Strategen und Markenführungsberater den goldenen Regeln Hollywoods. Und diese sind eigentlich ganz einfach:

1. Verstehe, welche Motive Menschen antreiben.

2. Erkenne, welche Motive deine Marke und ihre Produkte befriedigen können.

3. Finde ein archetypisches Leitbild, welches zu diesen Motiven passt.

4. Kommuniziere dieses Leitbild auf der Basis all der Hilfestellungen, die es dir bietet: Erzähle die richtigen Geschichten, nutze die passenden Symbole und schaffe eine archetypische Markenbotschaft, die Identifikation stiftet.

5. Stimme all deine Marketingmaßnahmen auf dieses Leitbild ab und genieße die freiwillige Aufmerksamkeit und den Erfolg, die deine Marke durch bewegende Kommunikation auf einmal ganz leicht erzielt.

 

Fazit

Archetypische Markenführung kann Marken wieder zu Helden machen.

 

 

Foto: „Helden“ | eurytos | photocase.de

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