Keeping brands on-trend – Wie man Trendforschung in das Markenmanagement integriert

Vor genau acht Jahren fiel beim Tiefkühlkost-Marktführer Frosta der Startschuss für die Umstellung der gesamten Produktion. Ausschlaggebend für die neue Strategie war eine steigende Präferenz der Konsumenten für Natürlichkeit und Transparenz bei Lebensmitteln. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, führte Frosta sein ‚Reinheitsgebot‘ ein, das garantiert, dass nur natürliche und streng kontrollierte Zutaten verwendet werden. Diese Qualitätsoffensive wurde aber vom Markt zunächst nicht honoriert, im ersten Jahr fiel der Umsatz um 40 Prozent. Frosta hielt dennoch daran fest.

Von Katharina Michalski, brand foresight, Hamburg

 

Das von Frosta erkannte Bedürfnis…

Das von Frosta erkannte Bedürfnis war zwar empirisc hbelegt, in der Praxis zeige sich jedoch,dass die Mehrheit der Konsumenten nicht bereit war, für eine bessere Qualität mehr Geld zu bezahlen.

Die im gleichen Jahr gelaunchte ‚Geiz ist geil‘-Kampagne war der Ausdruck einer weit verbreiteten Mentalität. Obwohl als Flop verschrien, hielt Frosta an seiner neuen Markenstrategie fest und gewann im Laufe der Zeit nach und nach seine Marktanteile zurück. 2009 konnte der Tiefkühl-Produzent seinen Umsatz sogar um fünf Prozent steigern, während die Branche einen Rückgang der Absatzmenge erlitt.

Aus heutiger Perspektive wissen wir, dass sich zum damaligen Zeitpunkt der Trend zur gesunden und naturbelassenen Ernährung noch ganz am Anfang der Diffusionskurve befand. Angetrieben von Lebensmittelskandalen und einer stärkeren Gesundheitsorientierung, erfasste dieser Trend mit der Zeit immer mehr Konsumenten.

 

Aufkommende Bedürfnisse frühzeitig erkennen

Heute haben sich neben Bio-Läden und Bio-Produktlinien, neue ‚gesunde‘ Marken wie lnnocent, Roggenkamp und Bionade erfolgreich etabliert. Im Mainstream angekommen, deutet alles darauf hin, dass der Trend zur Nachhaltigkeit, Natürlichkeit und Transparenz noch lange Bestand haben wird.

Der Marktführer Frosta hatte erkannt, dass selbst erfolgreiche Marken nicht für immer erfolgreich bleiben, und reagierte frühzeitig auf die neue Bedürfnislage. In einer globalisierten Welt unterliegen alle Märke dem Einfluss neuer Ideen, Wünsche und Stimmungen. Der gesellschaftliche Wandel schafft neue Bedürfnisse, die von Marken adressiert werden müssen.

Die Disziplin, die sich mit dem gesellschaftlichen Wandel befasst, heißt Trendforschung. Trendforschung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, vor allem im Zusammenhang mit Produktentwicklung und Innovationsplannug. Aber auch für das Markenmanagement wird Trendforschung immer wichtiger. Der treibende Faktor ist die Erkenntnis, dass es in gesättigten Märkten immer häufiger um das Erkennen von Bedürfnissen geht. Je besser die Marke versteht, was ihre Kunden wünschen, desto mehr Wert hat sie. Strategische Markenführung wird deshalb immer häufiger um die Komponente der trendbasierten Markenführung ergänzt. Im Fokus steht die Antizipation von relevanten Konsumentenwünschen, ohne dabei jedoch jedem Trend unkritisch hinterherzulaufen.

 

Sinnvolle Verzahnung: Strategisch-adaptive Markenführung

Trendbasierte Markenführung spürt Veränderungen im Umfeld der Marke auf. Sie identifiziert die für die Marke relevanten Trends und leitet daraus Implikationen ab. Häufig wird sie auch als adaptive Markenführung bezeichnet, da sie zur Aufgabe hat, Markenwerte genau ihrer aktuellen Bedeutung im kulturellen Kontext zu aktualisieren. In diesem Zusammenhang sorgt sie dafür, dass eine Entsprechung zwischen den Markenwerten und den Wertvorstellungen der Zielgruppe hergestellt ist – die Marke also Dinge verkörpert, die ihrer Zielgruppe wichtig sind. Die Relevanz einer Marke hängt somit maßgeblich davon ab, ob sie sie sich an ihr kulturelles Umfeld anpassen kann.

Nachhaltiger Markenaufbau und Markenpflege hingegen sind Aufgaben der strategischen Markenführung. Sie sorgt dafür, dass sich die Marke von ihrer Konkurrenz abhebt, für ihre Zielgruppe eindeutig erkennbar bleibt und positive Assoziationen hervorruft.

Die Herausforderung der Markenführung besteht darin, relevante Trends zu erkennen und zu antizipieren, ohne den Markenkern zu verletzen. Die strategischen und adaptiven Komponenten der Markenführung ergänzen sich sinnvoll und sorgen dafür, dass die Marke im Kontext des gesellschaftlichen Wandels stets aktuell und gleichzeitig erkennbar bleibt.

 

Trendforschung als Ausgangspunkt

Wie funktioniert adaptive Markenführung in der Praxis? Die Veränderungen im Umfeld der Marke werden in der Regel empirisch untersucht. Trendforschung ist also der Ausgangspunkt der adaptiven Markenführung. Je nachdem, welcher Fragestellung der Trendforscher nachgeht, ob es sich um die erste Bestandsaufnalune oder fortwährende Trendbeobachtung handelt, kann die Vorgehensweise variieren.

Nimmt man Frosta als hypothetisches Beispiel, kann die Trendanalyse die Untersuchung der Phänomene ‚Convenience‘, Transparenz‘ und ‚Nachhaltigkeit‘, aber auch die Betrachtung der Produktkategorie ‚Fertiggerichte‘ beinhalten. Im ersten Fall untersucht der Trendforscher die kulturelle Aufladung dieser Phänomene, ihren Bedeutungswandel und die Treiber, die den Wandel beeinflussen; im letzteren konzentriert er sich auf neue Verhaltensmuster innerhalb dieser Produktkategorie.

Steht der Fokus der Trendanalyse fest, wird die Methodik bestimmt. Typischerweise scannt der Trendforscher andere Produktbereiche und Vorreitermärkte (z.B.USA) hinsichtlich neuer Produkt- und Servicemanifestationen, beobachtet Veränderungen im Konsumentenverhalten (z.B. im Rahmen von Focus Groups, ethnologischen Erhebungen oder Social-Media-Analysen) und befragt Experten nach ihrer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung oder spricht mit lnnovatoren, die in diesen Bereichen meinungsführend sind.

Alle Beobachtungen und Insights werden dann zu Trends verdichtet. In einer quantitativen Erhebung wird die Reichweite (wie weit ein Trend in die Zielgruppe hineinreicht) und Nachhaltigkeit (wie lange der Trend vorherrscht und darüber hinaus Bestand haben wird) der Trends ermittelt. Die Ergebnisse dieser Befragung können zusätzlich von Experten verifiziert werden. Nachdem das Umfeld der Marke genau untersucht wurde, werden die Relevanz des Trends für die Marke und seine Implementierungsebene bestimmt.

 

Trendimplementierung als strategische Entscheidung

Je relevanter der Trend für die Marke, desto höher der lmplementierungsgrad. Die Relevanz des Trends hängt einerseits davon ab, wie tiefgreifend und nachhaltig er den Markt beeinflusst, und andererseits von seiner Auswirkung auf die Resonanzbeziehung der Zielgruppe mit der Marke. Erst nachdem dieses Trend-Assessment durchgeführt wurde, kann entschieden werden, ob eine Anpassung oder gar eine Änderung der Markenstrategie erforderlich ist.

Frosta ist ein Beispiel für einen Strategiewechsel, der auf der Ebene der Unternehmenskultur stattgefunden hat. Die Umstellung der kompletten Produktion war damit die Konsequenz aus der neuen Wertehaltung des Unternehmens, die durch Nachhaltigkeit und Transparenz geprägt ist.

Daraus abgeleitet hat Frosta im Laufe der Zeit eine Kommunikationsstrategie entwickelt, die beide Themen weiter vorantreibt. So hat Frosta beispielsweise 2005 als erste Lebensmittelmarke in Deutschland ein Unternehmens-Blog lanciert und weist außerdem den CO2-Fußabdruck seiner Gerichte aus. Diese aus den Unternehmenswerten abgeleitete Strategie ergibt ein konsistentes, an aktuelle (und langlebige) Konsumentenbedürfnisse angepasstes Markenbild.

 

Zukunftsfähigkeit sichert Profitabilität

Das Beispiel Frosta macht deutlich, dass, um erfolgreich zu bleiben, Marken antizipativ am kulturellen Wandel teilhaben und diesen im besten Fall sogar mitprägen müssen. Dabei hat die strategisch-adaptive Markenführung drei wesentliche Aufgaben: Die Veränderungen im kulturellen Umfeld der Marke aufspüren, ihre Relevanz für die Marke ermitteln und Implikationen aus den Trends für die Marke ableiten. Das Ziel ist, die Marke kontinuierlich an den gesellschaftlichen Wandel anzupassen. In diesem Zusammenhang ist ein kontinuierliches Trendmanagement nicht nur ein Distinktionstool, sondern die Voraussetzung für eine zukunftsfähige Markenstrategie.

 

Quellen:
Frosta Website
„Eskalt abserviert“ brandeins 08/2003
Christian Wenger „trends for brands – Trendmanagement und Markenführung“ Planung und Analyse 04/2006

 

Foto: „drei Sterne“ | giftgruen | photocase.de

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