Wenn Marken auch innen wirken sollen

Immer häufiger kommen Agenturen in die Situation, für Unternehmen neben der externen Kommunikation auch die interne zu gestalten. Neben Employer Branding und Behavioral Branding (markenkonformes Verhalten im Kundenkontakt) ist vor allem das Internal Branding gefragt (Identifikation mit der Marke). Von Saskia Winter und Knut Riedel, freier Planning Director, Hamburg   Eine häufig anzutreffende Vorstellung ist die, beim Internal Branding gehe es vor allem um die „Verlängerung“ der externen Kommunikation „nach innen“: abgewandelte Anzeigenmotive als Bildschirmschoner, TV-Spots im Intranet, Plakate in den Fluren.   Mehr als ‚Kampagnen-Adaption für Mitarbeiter‘ Oft ist das Ergebnis für Geschäftsführung und Agentur gleichermaßen irritierend: Die Mitarbeiter zeigen nicht nur keine Begeisterung, sondern Demotivation und Zynismus. Während sich unpassende externe Kommunikation einfach „versendet“ und „lediglich“ Marketing-Budget vernichtet, wirkt sich unpassende interne Kommunikation – besonders in kritischen Phasen – direkt negativ auf die originäre Wertschöpfungskraft des Unternehmens aus: die Mitarbeiter-Motivation.   Planning in zentraler Rolle Enttäuschung über vollmundige, hyper-emotionale Versprechen, Irritation über schrille Tonalität oder Entfremdung aufgrund irrealer Markenwelten schwächen Identifikation, Leistung und Loyalität. Damit sich Agenturen als vertrauenswürdige Partner für das Internal Branding beweisen können, sind häufig Qualitäten des Plannings eine entscheidende Ressource. Planner bringen insbesondere drei Fähigkeiten mit, um derartige Prozesse kompetent zu begleiten:   1. Menschen systematisch verstehen Um die zentralen Werte und Leitlinien einer Marke für das Internal Branding abzugleichen, sollte man an allererster Stelle die Mitarbeiter befragen – möglichst breit und möglichst quer durch die Hierarchie. Ob es im Vorfeld um,  die Entscheidung für quantitative und/oder qualitative Methoden geht, die Stichprobenauswahl oder den Mix aus expliziten und impliziten (projektiven und assoziativen) Fragen – Planner haben nicht nur die Kompetenz, die richtige Methodik auszuwählen und die richtigen Fragen zu stellen, sondern sie können aus den erhobenen Daten auch die strategisch richtigen Schlüsse zur internen Befindlichkeit ziehen. 2. Feine semantische Unterschiede erkennen Weil das Formulie ren von Kommunikations-Strategien stets ein Ringen um die richtigen Worte ist, sind Planner darauf trainiert die unterschiedlichen Bedeutungsebenen und die feinen Unterschiede von Begriffen zu erkennen: „Cleverness“ kann sowohl als „mit unlauteren Mitteln übervorteilen“ verstanden werden als auch als „gewitzt, aber sportlich fair“. Gerade wenn es um bereits „offiziell definierte“ Markenwerte geht, gilt es gemeinsam mit Führungs kräften und Mitarbeitern deren konkrete Bedeutung im Alltag herauszuarbeiten und eine intern stimmige Interpretation zu finden. Denn häufig weisen nicht nur diejenigen Worte den Weg in die Zukunft, über die man sich schnell einig ist – sondern auch die, um die noch gerungen werden muss. 3. Moderieren und gemeinsam auf das Positive blicken Weil sich Planner bei jeder Information, die sie erhalten, stets die Frage stellen: „Und wie verkaufe ich das nachher meiner Zielgruppe?“, sind Planner Meister im positiven Framing – der Fähigkeit, auch mittelmäßige und ambivalente Sachverhalte rhetorisch ins positive Licht zu rücken. Nicht selten trifft man bei Mitarbeitern auf Skepsis und Zynismus, die subjektiv notwend ig sind, um die eigene Psycho-Hygiene aufrechtzuerhalten, oder in einem Workshop brechen lang schwelende Konflikte auf, die endlich ein Ventil finden. Hier ist der Planner weniger als Stratege, sondern als sensibler Moderator gefragt, der zuhört, psychologisch versteht und Wertschätzung ausspricht – dabei aber auch diejenigen Gründe freilegt, die bei den Beteiligten immer wieder zur alltäglichen Arbeit im Unternehmen motivieren. Dazu gehört auch, dass der Planner diejenigen positiven Eigenschaften und Werte betont und als rhetorischer Katalysator verstärkt, die er en passant entdeckt, während sie in ihrer alltäglichen Selbstverständlichkeit für die Mitarbeiter quasi unsichtbar geworden sind. Diese „hidden values“ widergespiegelt zu bekommen, ist für Mitarbeiter oft ein regelrechter Befreiungsschlag, der einen kompletten Stimmungswandel einläuten kann.   Planning an seinen Grenzen Neben diesen Kompetenzen gibt es aber auch Professions-spezifische Herausforderungen, denen sich Planner beim Internal Branding gegenübersehen: 1. Die „Echtheit“ der Organisations-Realität Beim Internal Branding geht es nicht mehr nur um die Virtualität „marktgerichteter ‚Kommunikation“, sondern um die (Mit-)Gestaltung der handfesten Arbeits-Realität echter Menschen. Schnell kommt man bei der Diskussion von Unternehmens-Werten und Verhaltens-Leitlinien zu deren Folgen für Aufbau- und Ablauf-Organisation, zu Bonus- und Sanktionierungs-Mitteln und an die sehr persönliche Auseinandersetzung von Führungskräften mit ihrem zukünftigen Rollen-Verständnis. Als „Werber“ bringen auch Planner meist wenig Erfahrung mit organisations-soziologischen und -psychologischen Konzepten und Vorgehensweisen mit. 2. Die „Das reicht doch nicht“-Falle Vor allem aus der Erfahrung mit FMCG-Gütern, die sich gegen harte, scheinbar austauschbare Konkurrenz behaupten müssen, sind es Planner gewohnt, nach prägnanten Unterscheidungsfaktoren zu suchen. Diese finden sich in der Arbeit mit Unternehmen allerdings eher selten: Zwar hat jede Organisation ihre ganz eigene Geschichte und einzigartige Eigenschaften und Persönlichkeiten, doch im Selbstverständnis sind es oft generische Werte wie „Qualität“, „lnnovativität“ und „Engagement“, die intern bedeutsam sind. Daher geht es weniger darum, konsequent nach differenzierenden Faktoren zu suchen, sondern darum, ein stimmiges Werte-Set zu identifizieren, das in dieser Kombination hinreichend einzigartig wirkt. Letztlich entscheidend ist was intern Resonanz auslöst – auch wenn der strategische Perfektionismus des Planners nicht hundertprozentig befriedigt ist. 3. Zyklen und das Einbeziehen der Zielgruppe Agenturen arbeiten gewöhnlich nach Werkverträgen: Das beauftragte „Kommunikations-Produkt“ wird mit wenigen Abstimmungsschritten weitgehend unabhängig vom Kunden realisiert und umgesetzt. Interne KonmlUnikation KANN auch nach diesem Muster erfolgreich funktionieren – aussichtsreicher aber erscheint es, dem Verständnis der Organisationsentwicklung (OE) zu folgen und die „Betroffenen“ zu „Beteiligten“ zu machen. Konkret bedeutet das, eine möglichst breite Basis der Mitarbeiter in die Diskussion der Unternehmens-Werte einzubeziehen und sich dem Endergebnis sowohl Top-Down als auch BottomUp zu nähern. Auch bei der „Implementierung“ sollten längerfristige Auseinanderrsetzungs-Prozesse eingeplant werden, die Rückkopplungen, Klärungen und Korrekturen zulassen. Erfolgreiches Internal Branding funktioniert selten als „Big Bang“ oder „Roll-Out“, sondern evolutionär – durch die faktische Umsetzung im Alltag der Organisation.   Fazit Gerade für Planner ist lnternal Branding ein sehr spannendes Feld, das in Sachen lnvolvement weit über die Erfahrungen mit externer Kommunikation hinausgeht. In der direkten Interaktion mit den „echten“ Menschen hinter der Marke kam) man die Qualität und Wirkung des Internal-Branding-Prozesses live, ungefiltert und dreidimensional erleben. Eigentlich Zeit die Mitarbeiter-Identifikation in die EFFIE-Wertung einzubeziehen.     Foto: iotas | photocase.com

comments powered by Disqus