APG Strategy Corner – Strategic Puzzle – ein Framework zur Strategieentwicklung.

Von Maximilian Weigl, Junior Strategic Planner bei thjnk AG

 

Wenn man neu im Job des Strategen ist, sucht man nach Anleitung und Plänen für die Entwicklung der perfekten Strategie – um dann häufig festzustellen, dass es selten Patentrezepte gibt. Auf dem Weg zu dieser Erkenntnis quält man sich durch einige Versuche, trotzdem genau dieses Rezept zu finden. Hier folgt ein Versuch.

 

Das Schöne an der strategischen Planung ist, dass kein Projekt wie das andere ist. Das durfte ich in den letzten 20 Monaten in verschiedenen Projekten miterleben. Und trotzdem steht am Ende ein klarer strategischer Gedanke als Lösungsansatz für das Problem des Kunden.

Das legt den Verdacht nahe, dass es bestimmte (Denk-)Prozesse geben muss, die man in jedem noch so unterschiedlichen Projekt durchläuft. Manchmal mehr, manchmal weniger aktiv und bewusst. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, ans Ziel zu gelangen – und jede Agentur bevorzugt einen etwas anderen Ansatz. Auch mag jeder Stratege dabei noch mal seine ganz eigene Herangehensweise haben. Dennoch glaube ich, dass es Gemeinsamkeiten gibt. Diese gemeinsamen Elemente des Denk-Prozesses bezeichne ich als Strategic Puzzle.

Der Weg zum Strategic Puzzle.

Das Strategic Puzzle skizziert die Grundüberlegungen, die einer Kommunikationsstrategie zugrunde liegen. Die Idee zu diesem Schema ist bei einem Gespräch mit Ana Andjelic (Digital Strategist bei Droga5) in New York im Dezember entstanden und in den Wochen danach gereift.

Ausgangspunkt waren ein paar einfache Fragen: Wie entwickelt man diesen einen strategischen Gedanken, der die Marke und ihre Kommunikation steuert? Wo fängt man an und was darf man keinesfalls vergessen?

Viele erfahrene Strategen durchlaufen diese Fragen und Gedankenschritte in ihrer täglichen Arbeit scheinbar völlig automatisch. Diesen Prozess offen zu legen und damit ein wenig nachvollziehbarer zu machen, ist eines der Ziele des Strategic Puzzle. Anfängern, Werkstudenten oder Praktikanten bietet es so Leitplanken zur Orientierung. Und gestandenen Strategen liefert es vielleicht einen Denkanstoß, falls sie einmal in einer gedanklichen Sackgasse stecken.

In den folgenden Ausführungen stelle ich das Strategic Puzzle kurz vor. Dieses Schema ist weder in Stein gemeißelt noch ein revolutionärer Masterplan. Es ist kein neuer Ansatz und auch keine neue Methode. Es ist lediglich meine persönliche Zusammenführung von einzelnen Schritten, die den Strategie-Prozess meiner Meinung nach in starkem Maße prägen und ausmachen. Mit einem klaren Ziel: nützlich zu sein.

Das Strategic Puzzle.

Das Strategic Puzzle lässt sich in fünf Schritte einteilen: Challenge, Insights, Opportunity, Strategic Direction und Action Steps. Jeder dieser Schritte ist natürlich weit umfangreicher als in den folgenden Absätzen beschrieben. Um einen ersten Einblick zu bekommen, sollten die kurzen Beschreibungen jedoch ausreichen.

Challenge.

Der Einstieg in das Strategic Puzzle erfolgt im Alltag meist über eine Herausforderung. Diese Herausforderung findet sich manchmal im Kunden-Briefing. Meistens liegt sie aber hinter den dort formulierten Problemen: nämlich im veränderten Verhalten der Menschen.

Sinkende Verkaufszahlen sind keine Herausforderung, sie sind das sichtbare Ergebnis einer Verhaltensänderung. Geändertes Verhalten lässt sich unter Umständen auf veränderte Einstellungen zurückführen. Es gilt also, die tatsächliche Herausforderung zu finden und zu formulieren, bevor man sich auf die Suche nach einer Lösung macht.

Nicht immer beginnt das Strategic Puzzle mit einer Challenge. Manchmal stolpert man bei seiner täglichen Arbeit über eine spannende Information oder einen Insight, aus dem sich plötzlich alles Weitere ergibt.

Insights.

Hat man das Problem definiert, erfolgt die intensive Auseinandersetzung mit Informationen. Es gilt, Zahlen, Daten und Fakten zu verschiedenen Aspekten zusammenzutragen, die Spreu vom Weizen zu trennen und sukzessive zu verdichten: von Daten hin zu Informationen.

Die Menge an Informationen lässt sich im besten Fall zu einigen Insights verdichten. Ein Insight ist für mich ein spannender, hintergründiger Kausal-Zusammenhang; eine Art universelle Wahrheit, die das Verhalten von Zielgruppen erklärt.

Doch diese Wahrheiten präsentieren sich selten auf einem Silbertablett und ganz sicher gibt es sie nicht wie Sand am Meer. Es gibt jedoch einige Orientierungspunkte.

Insights können sich aus dem gesellschaftlichen (Culture) oder dem marktwirtschaftlichen Umfeld (Category) ergeben. Sie können in der Marke begründet sein (Brand) oder im Produkt (Product). Mögliche Fragen könnten lauten: Was wissen die Menschen über die Marke noch nicht? Gibt es besonders spannende Entwicklungen im Markt wie beispielsweise interessante Start-ups?

Vor allem können sich Insights jedoch aus den Menschen (User), die unser Produkt nutzen, ableiten. Hier lohnt es sich, über den Tellerrand hinauszudenken. Vielleicht verwenden die Menschen unser Produkt auf eine ganz andere Art und Weise, als wir bisher gedacht haben.

Opportunity.

Irgendwo unter der Masse an Informationen und den wenigen echten Insights findet sich die Opportunity: Eine Gelegenheit, die es uns erlaubt, die Einstellungen der Menschen oder ihr Verhalten zu ändern. Dort liegt die Möglichkeit für ein Unternehmen, der Konkurrenz davonzuziehen. Dort gibt es einen Punkt, an dem man seine Kräfte ansetzen sollte – weil man dort die größte Hebelwirkung erzielt und man die Kommunikation und die Marke in neue Wirkungssphären heben kann.

Selbstverständlich kann es manchmal mehr als nur eine Opportunity geben. Wenn man sich jedoch lange genug mit den vorliegenden Informationen und Insights beschäftigt hat, sollte man an dieser Stelle aber bereits eine relativ klare Idee davon haben, welches die größte Opportunity ist.

Strategic Direction.

Die Strategic Direction basiert auf dieser Opportunity. Sie beschreibt in wenigen Worten, wie man weg vom Status quo hin zur gewünschten Veränderung bei den Menschen gelangt. Sie gibt für alle Maßnahmen, die eine Marke unternimmt, die Richtung vor. Sie bestimmt, wohin sich eine Marke bewegt und wie sie sich verhält. Dabei kann es sich um ein Wort, eine Tagline oder ein Bild handeln.

Action Steps.

Näher ans Ziel ist dann auch das Stichwort für den letzten Schritt. Eine Richtung ist sicherlich hilfreich – jedoch nur, wenn man sich auch in diese Richtung bewegt.

Der strategischen Richtung folgend, führen viele konkrete Maßnahmen schließlich zur Zielerreichung. Je nach Aufgabe (Task) ergibt sich ein anderer Touchpoint, über den der entsprechende Schritt (Action) ausgeführt wird.

Im letzten Abschnitt des Strategic Puzzle bildet sich so sukzessive ein Maßnahmen-Katalog, der dazu führen soll, dass der strategische Gedanke gezielt umgesetzt werden kann.

Zusammenfassung

Das Strategic Puzzle ist ein relativ geradliniger Versuch, vom Problem zu einer möglichen Lösung zu kommen. Die fünf gezeigten Schritte sollen dabei nicht vom Denken befreien, sondern es fokussieren und leiten. Das Strategic Puzzle soll helfen, sich bewusst zu machen, wonach man gerade eigentlich sucht. Angefangen bei der Herausforderung und den Insights über die Opportunity hin zur Strategic Direction, woraus sich die Action Steps ergeben. Gerade für junge Strategen – und dazu darf ich mich auch noch zählen – ist das Strategic Puzzle vielleicht eine nützliche Orientierungshilfe im Alltag.

Ich freue mich über Feedback, Dialog und Verbesserungsvorschläge.

 

Foto: „Randstreifen“ | suze | photocase.de

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