APG Lesetipp. Die Kreativitäts-AG: Wie man die unsichtbaren Kräfte überwindet, die echter Inspiration im Wege stehen

Kreativität mit System –

Wie es Pixar schafft, auf dem Kreativitätsolymp sitzen zu bleiben

Kreativität managen. Klingt erstmal nach einem Widerspruch. Allerdings nicht, wenn es nach Ed Catmull, einer der Männer an der Spitze eines der erfolgreichsten und kreativsten Organisationen der Welt geht: Pixar. Gemeinsam mit seinen Co-Gründern, CCO John Lasseter und Steve Jobs, hat er Pixar nicht nur gegründet, sondern über die Jahrzente vom kleinen computerverliebten Animationsstudio zu einem der innovativsten Unternehmen der Filmbranche auf- und ausgebaut.

Catmull ist kein klassischer Manager, sondern einer der großen Pioniere des computeranimierten Trickfilms, der erst in seine Führungs-Rolle reinwachsen musste. Der vielfache Oscar-Preisträger erfüllt sich mit der Fertigstellung von Toy Story Anfang der 90er zusammen mit John Lasseter seinen Lebenstraum: Der erste vollständig am Computer erstellte Langfilm, der es bis in die Kinosäale schafft. Nachdem er unmittelbar nach dem Kassenerfolg von Toy Story in ein Loch fällt, verschreibt er sich einer neuen Aufgabe: Die unsichtbare Kräfte und Probleme bei Pixar, die notwendige Veränderungen unmöglich machen, ans Tageslicht zu bringen und sie zu lösen.

Und darum geht es im Kern in diesem Buch: Wie managt man eine Organisation, dessen Geschäftsmodell auf Inspiration und Kreativität aufbaut? Und wie behält man sich als Unternehmen trotz Wachstum und steigenden Erwartungen von außen die notwendige Kreativität, Experimentierfreude und Innovationskraft? Pixar ist schließlich längst kein flexibles, kleines Animationsstudio mehr, sondern eine kommerzielle Innovationsfabrik die Hits wie „Cars, „WALL·E oder „Inside Out am laufenden Band produziert.

Diese Herausforderung geht Cadmull sehr pragmatisch an. Das macht den bescheidenenden Pixar Präsidenten nicht nur sympathisch, sondern dieses Buch auch so lesenswert und lehrreich. Denn auf den ersten Blick sind viele der im Buch beschriebenen (Führungs-)prinzipien nicht wirklich neu. Mehr Offenheit im Umgang miteinander, aktive Selbreflektion, mehr Experimentierfreude und eine Kultur die Fehler nicht als wichtig, sondern als notwendig sieht, kennt man bereits aus anderen „New World Order“-Bibeln. Aber Cadmull vermittelt sein reichhaltiges Wissen nicht im Ratgeber-Modus – wie so viele andere Management-Bücher – sondern spielerisch über Beispiele, Geschichten und Anekdoten aus dem Alltag des Pixar und Disney Animation Universum. Im letzten Kapitel fasst er seine Gedanken zum managen einer Kreativkultur in einigen Prinzipien zusammen. Hier eine Auswahl:

Eine Organisation als Ganzes ist konservativer und resistenter gegenüber Veränderungen als die Individuen, die sie umfasst. Gehe nicht davon aus, dass kollektive Übereinstimmung zum Wandel führen wird. Es braucht viel Energie um eine Gruppe zu bewegen – auch wenn alle einer Meinung sind.
Die gesündesten Organisationen bestehen aus Abteilungen, deren Agenda sich unterscheiden, deren Ziele jedoch voneinander abhängig sind. Wenn eine Agenda gewinnt, verlieren alle.
Schütze die Zukunft, nicht die Vergangenheit: „Our job as managers in creative environments is to protect new ideas from those who don’t understand that in order for greatness to emerge, there must be phases of not-so-greatness.“
Warte nicht, bis etwas perfekt ist, bevor du es mit anderen teilst. Zeige früh und zeige oft. „It’ll be pretty when we get there, but it won’t be pretty along the way. And that’s as it should be.“
Fehler machen ist kein Verbrechen. Im Gegenteil, es ist eine notwendige Konsequenz, wenn man etwas zum ersten Mal macht.

Die Kreativität in der eigenen Firmenkultur hochzuhalten und damit bei der Ideenentwicklung nicht Hobby-Angler sondern Profi-Fischer zu sein, ist eine ambitionierte Kunst. Wer sich daran versuchen will, ist mit diesem Buch bestens beraten.