APG GROW 2017: Gelungene Neuerfindung

Viel vorgenommen hatte sich die Account Planning Group Deutschland (APG) zu ihrem 20jährigen Jubiläum. Im Rahmen der Neuausrichtung des Verbandes wurde auch das Jahrestreffen der Kommunikations-Strategen komplett modernisiert: Aus der ‚Open Source‘ wurde die ‚Grow‘ – ein Konzept, das aufging.

Das neue Format ‚Grow 2017‘ sollte größer, offener und internationaler werden, mit mehr Reflektion über die Entwicklung der eigene Profession und mehr konkreten Angeboten für den Berufsalltag der Strategen. Das Fazit von Veranstaltern und Teilnehmern nach beinahe zwei Tagen Konferenz: Mission erfüllt.

Den Auftakt bildete am Nachmittag des 8. Juni die gut besuchte APG-Mitgliederversammlung. In der Halle 424 im Hamburger Oberhafen präsentierte der scheidende Vorstand um Stefanie Kuhnhen (Grabarz & Partner) noch einmal die Grundzüge der Umpositionierung der APG als Berufsverband mit starkem Service-Charakter für die Mitglieder, die zahlreichen Fortbildungsangebote des letzten Jahres sowie die neu initiierten Kooperationen, u.a. mit dem GWA und der Texterschmiede. Es folgten die Entlastung des Alt- und die Wahl des neuen Vorstandes, nun unter Vorsitz von Maik Hofmann von der Frankfurter Agentur Hauser Lacour.

Im Anschluss erinnerte P. J. Mahrenholz, Gründungmitglied und selbst langjähriger APG-Vorstand, an die kleine Gruppe von Account Plannern, die sich vor 20 Jahren zusammengeschlossen hatte, um ihrem in Deutschland noch neuen Berufsbild mehr Öffentlichkeit, mehr Gewicht und mehr Austausch zu verschaffen. Dies sei dem Verband mit seinen derzeit rund 550 Mitgliedern in der Zwischenzeit offensichtlich gelungen – auch wenn, wie Mahrenholz feststellte, diese heute kaum mehr unter dem Namen „Account Planner“, sondern als „Marken- und Kommunikations-Strategen“ auftreten.

Zum Abschluss seiner Eröffnungsrede erinnerte er daran, dass sich Planner stets als „Anwälte der Verbraucher“ verstanden hätten – und dass ihnen damit heute, in Zeiten deutlich erweiterter technischer Möglichkeiten, aber auch massiver sozialer und politischer Verwerfungen, eine besonders hohe Verantwortung für die Gestaltung unserer Kommunikations-Umwelt zukäme.

 

So viele Möglichkeiten wie noch nie

Höhepunkt des Abends war aber zweifellos die Podiumsdiskussion mit den drei internationalen Speakern des nächsten Tages. Als Moderator wollte Mahrenholz dabei weniger deren Thesen vorweg nehmen, sondern vielmehr persönliche Eindrücke vermitteln von Lucy Jameson, Ex-Global Strategy Director bei DDB und Ex-CEO von Grey London, Heidi Hackemer, als Gründerin von Wolf & Wilhemine Shooting-Star der New Yorker Strategie-Szene, und Jeroen Matser, Head of Strategy bei B-Reel und international erfolgreicher Stratege mit starken digitalen Wurzeln. Trotz sehr unterschiedlicher Erfahrungen in den Berufsbiographien als Strategen war man sich einig, dass Strategen niemals zuvor so viele Möglichkeiten hatten wie heute und dass die Herausforderung vor allem darin bestehe, diese Möglichkeiten auf eine persönlich passende und gesunde Weise zu nutzen.

Der Abend klang aus mit einer Party, auf der alte Bekanntschaften aufgefrischt und neue geknüpft werden konnten. Ein von Toyota gesponserter Shuttle-Service beförderte die Gäste schließlich mit modernsten Hybrid- und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen zum Hauptbahnhof.

 

Professionelles Wachstum im Mittelpunkt

Das Hauptprogramm der ‚Grow‘ folgte am 9. Juni im designexport in der Hamburger Hafencity. Klammer und übergreifendes Thema des Tages war explizit „growth“, also Wachstum und Entwicklung im professionellen wie im persönlichen Bereich.

In ihrem Auftaktvortrag reflektierte Lucy Jameson mit viel Selbstironie ihren eigenen Werdegang als eher unbedarfter Spross der Jameson Whiskey-Dynastie, der durch Zufall in die Werbung und zum Account Planning in Londons Kult-Agentur BMP DDB kam, bis zur radikalen Umpositionierung von Grey London und ihrem Aufstieg zu einer der erfolgreichsten CEO-Persönlichkeiten der Kommunikationsbranche. Lucys zentrales Credo: „Become a planager, not just a planner – have half a plan and always be aware where the money comes from.”

Im zweiten Vortrag berichtete Heidi Hackemer, wie ihr Burn-Out einen zweijährigen Road-Trip initiierte, der schließlich zur Gründung von Wolf & Wilhelmine führte, einem „Premium Brand Strategy Shop“. Der Anspruch „Getting radical with brands“ werde sowohl in der eigenen Firmenkultur verwirklicht, die Wochenend-Arbeit und Email-Verkehr nach 19 Uhr vertraglich ausschließt, als auch in der Auffassung, dass Marken als Betriebssysteme für Unternehmen fungieren und zunächst losgelöst von kreativen Umsetzungen gedacht und bezahlt werden müssen. Ihre Leitsätze: „Don’t think advertising, change organizations” und „Do great work, live great lives”.

Auch im dritten Vortrag des Tages rief Jeroen Matser in einem thematisch weiten Rundumschlag die anwesenden Strategen dazu auf, die Augen offen zu halten für aktuelle Veränderungen in der Welt, die nur zum Teil in und von der „advertising industry“ gespiegelt würden. Eine wichtige Rolle spielen dabei für ihn der unmittelbare, auch physische Kontakt mit der Welt jenseits der Werbung und die Beschaffenheit des „soil“, also des Nährbodens, um für die eigene „Eudaimonia“ zu sorgen – den „human flourishing, contended state of being happy and healthy and prosperous“.

Um neben diesen inspirierenden, fast philosophischen Gedanken auch dem selbst gesetzten Anspruch von unmittelbarer Praxisnähe gerecht zu werden, bot die APG den Teilnehmern zwischen den Speaker-Vorträgen insgesamt zehn praxisbezogene Vorträge und interaktive Workshops an. Die Themenpalette war dabei breit: neuartige Marktforschungs-Methoden, Influencer- und Suchmaschinen-Marketing, Social Media auf Großevents, Channel Planning, neue Trends in der Audio-Kommunikation und dem Podcast-Marketing, die Zukunft der Automobilbranche sowie die Reflektion eigener Glaubenssätze.

In separaten Räumen wurden diese Themen in kleinen und größeren Runden bearbeitet, begleitet von Referenten von RMS, Lightspeed, Online Marketing Rockstars, Toyota, dem Institut für Strategie & Kommunikation (ISK), Grabarz & Partner, FKP Scorpio sowie Marian Keikavoussi und Alexandra Görres.

 

Tolle Locations, tolle Speaker, tolle Angebote

Für den Vorstand der APG war das beinahe zweitägige Event ein voller Erfolg. „Der Wechsel zwischen internationalen Speakern und praxisnahen Workshops wurde unheimlich gut angenommen“, meint APG-Vorstand Lars Fieck, der federführend für Planung und Koordination der ‚Grow‘ zuständig war. „Das direkte Feedback vieler Teilnehmer hat auch unsere Annahme bestätigt, dass es bei Aus- und Weiterbildung immer noch sehr viel Nachholbedarf gibt. Unser neues Gesamtkonzept bzw. die Neuausrichtung sehen wir damit absolut bestätigt.“

Auch die Bilanz von Stefanie Buchwitz, Geschäftsstellen-Leiterin der APG, fällt positiv aus: „Insbesondere die Rückbindung an den eigenen Job und der unmittelbare Kontakt mit den Speakern und Referenten, die fast die ganze Zeit präsent waren, hat den Anspruch als unterstützender Berufsverband ziemlich klar herübergebracht. Wichtig ist mir persönlich auch immer der lebendige Austausch mit den vielen Mitgliedern, der so nur auf unserer Jahresveranstaltung möglich ist.“

Und Maik Hofmann, der neu gewählte APG-Chef, ergänzt: „Der APG ist es gelungen, ihren Mitgliedern mit dieser Veranstaltung einen enormen Mehrwert zu liefern. Tolle Locations, tolle Speaker und tolle weitere Angeboten – ein absolut gelungenes Event. Ich freue mich schon darauf, diese Steilvorlage aufzunehmen und im nächsten Jahr mit dem neuen Vorstand noch weiter zu führen.“

 

Erschienen in : new business 25 / 19.6.2017

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