Moderationsworkshop Zielführendes Moderieren

11.05.2016

Innerhalb der APG wird er ständig hochgelobt und weiterempfohlen: der Moderationsworkshop mit Marian Keikavoussi. Nicht ohne Grund eines der am best besuchten Workshops der APG. Nachdem auch ich endlich persönlich teilnehmen konnte verstehe ich, warum es sich lohnt, trotz vollem Kalender einen Tag und die Reise nach Hamburg zu investieren. Denn das, was man mitnimmt (und man nimmt einiges mit), lässt sich nicht nur für als Workshop deklarierte Termine anwenden, sondern auch für alle andere Situationen, in denen thematisch zielführend diskutiert werden muss oder soll – seien es Präsentationstermine beim Kunden, interne Schulterblicke oder auch Telefongespräche.

Silke Dolle von Philipp und Keuntje hat bereits eine sehr gute und ausführliche Dokumentation des selbigen Workshops im September 2015 erstellt (Link: http://bit.ly/2dlUYOP), weswegen ich mich an dieser Stelle weniger auf eine umfassende Darstellung, sondern mehr auf meinen persönlichen Eindruck fokussieren werde.

 

Marian Keikavoussi

Kein Wunder, dass diese Frau als Moderatorin erfolgreich ist und auf einen Erfahrungsschatz aus unzähligen Workshops mit unterschiedlichsten Unternehmen und Thematiken zurückgreifen kann. Ihre Erfolgsfaktoren? Das, was wahrscheinlich den perfekten Moderator ausmacht. Sie ist unaufdringlich präsent, bestimmt aber nicht bestimmend, meinungsstark und gleichzeitig offen, geradlinig und dabei flexibel, unprätentiös charismatisch, kommunikativ ohne in Floskeln zu verfallen, agierend und beobachtend reagierend, schnell aber geduldig, laut und leise zugleich.

 

Positive Grundeinstellung

Ihr Moderations-Credo „Du bist okay, ich bin okay“ ist wohl ihre größte Stärke. Keine Angst, weder Stuhlkreis noch Bällezuwerfen. Sie schafft es, jedem das Gefühl zu geben, genau dort richtig und wichtig zu sein, wo er gerade ist. Nämlich im Workshop als Teil der Gruppe, mit der eigenen Persönlichkeit und Meinung, dem eigenen Charakter, den Stärken genauso wie den Ecken und Kanten. Als Moderator darf man nichts persönlich nehmen (das kommt mit der Erfahrung, auch Marian war nach eigener Bezeugung am Anfang ihrer Karriere nicht so cool wie sie es heute ist) und auch nicht „die Welt retten“ wollen. Wie gesagt, alle sind okay, genauso, wie sie sind. Als Moderator unterstützt man innerhalb des Workshops eine motivierende, zielführende Atmosphäre, in der sich alle Teilnehmer so respektiert und wohlfühlen, dass sie sich mit Freude beteiligen. Das fängt schon mit der Einstellung an. Ein „Ich freue mich auf den Workshop“ merken die Teilnehmer genauso wie ein „Ich wäre heute lieber woanders“.

 

Der USP

Was Marians Workshop so besonders macht, sind die Handlungsanweisungen und Tipps zum Prozess, den Methoden oder der Verhaltensebene des Moderators. Wobei auch der Theorieteil – wenn man sich wie ich das Moderieren durch Learning-by-Doing angeeignet hat – einen guten Leitfaden darstellt, um seine Workshops noch besser vorzubereiten und zu strukturieren. Der Workshop ist deswegen so gut, weil Marian durch ihre Erfahrungen alle Situationen mit Praxisbeispielen anfassbar macht und lebendig werden lässt.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir beispielweise die scheinbar unmotivierte Gruppe, die Marian letztendlich wieder einfangen konnte. Indem sie offen angesprochen hat, dass irgendetwas nicht stimmt. Mit ihrer Vermutung lag sie richtig: das Team war durch ein internes, workshopunabhängiges, sehr emotionales und tränenreiches Thema abgelenkt (was ich jetzt nicht in schriftlicher Form benennen möchte, lasst es euch bei einem ihrer nächsten Workshops erzählen). Sie gab dem Team ein paar Minuten Raum und Zeit, dieses Thema zu diskutieren und die nächsten Schritte zu definieren. Gedanklich befreit konnte die Gruppe daraufhin motiviert in den Workshop starten.

Dies als Beispiel dafür, dass man als Moderator beobachten, wahrnehmen und emphatisch auf die Bedürfnisse der Gruppe individuell eingehen sollte. Auch wenn es der Zeitplan eigentlich nicht zulässt und man die Agenda gegebenenfalls etwas anpassen muss. Der Leitgedanke: „Was braucht die Gruppe?“ und weniger „Was habe ich geplant?“. Nutze das, was in der Gruppe überraschend – positiv als auch negativ – entsteht.

 

Flexibilität

Ein Workshop ist kein starres Gerüst mit einem Zeitplan, den man einfach abarbeitet. Denn ein Workshop wird erst zu einem Workshop durch die Menschen, die an ihm teilnehmen. Folglich spielt die Gruppendynamik eine große Rolle, auf die man sich einlassen muss.

Was ich zum Beispiel sofort umgesetzt habe ist eine Agenda ohne akribisch detaillierte Uhrzeiten (denn es gibt immer einen, der darauf hinweist, dass Agendapunkt 3 doch schon um 11h30 beginnen sollte, es aber bereits 11h45 ist). Den genauen Zeitplan sollte man für sich zur Orientierung auf dem Tisch liegen haben, aber nicht an die Wand hängen. Ähnliches gilt für die Regeln, die gemeinsam zu Beginn festlegt werden sollten, ganz unkompliziert auf einem Flipchart. Die Chance, dass diese eingehalten werden ist größer, als wenn man als externer Moderator den Workshop mit einem Verbotsschild einläutet.

Flexibilität sollte auch für die gewählten Methoden gelten: merkt man zwischendrin, dass die Gruppe anders tickt als erwartet, sollte man gegebenenfalls auch die Art der Methoden anpassen. Und wenn die Gruppe ungeplante Themen zeitintensiv diskutiert, kann man darauf eingehen, aber auch die Konsequenzen aufzeigen: „Thema D scheint Ihnen wichtig zu sein. Möchten Sie dieses Thema weiter diskutieren? Dann müssen wir uns jetzt entscheiden, denn wir haben heute nur Zeit, die Themen A, B und C zu erarbeiten. Welches andere Thema können wir streichen? Was ist Ihnen wichtiger?“ Auch hier wieder das Motto: Auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingehen, sie wahrnehmen, auf sie eingehen und die Teilnehmer mit einbeziehen.

 

Ein guter Moderator

Als Moderator macht man den roten Faden sichtbar und sorgt dafür, dass das vorher definierte Ziel (oft scheitert ein Workshop schon daran, dass das Ziel nicht klar ist) in der Gruppe erreicht wird. Man führt und leitet, selbstbewusst aber nicht dominant. Der Moderator ist mehr Öl im Getriebe als der Motor selbst.

Der Moderator kommuniziert so, wie man es sich auch von seinem Partner oder einem guten Freund wünschen würde: ehrlich, aus einer echten inneren Haltung heraus. Zuerst verstehen, auf die Körpersprache achten, wenn nötig, nachfragen, Meinungen und Argumente deutlich und transparent für alle machen, auf den Punkt bringen, nicht werten und auf gar keinen Fall in Floskeln verfallen. Das Ziel: in der Tiefe verstehen, aber nicht versuchen, als Moderator Lösungen anzubieten.

Und wenn man selbst einmal nicht weiter weiß, auch hier ganz offen zu seiner eigenen Schwäche stehen und offen kommunizieren. Das ist menschlich, sympathisch und wird schneller verziehen, als wenn man nur so tut, als ob man zum Beispiel die Studie kennt.

Der Moderator ist keine One-(Wo)Man-Show, sondern bindet immer die Gruppe ein, fragt nach, macht ein Angebot an die Gruppe, lässt diese entscheiden. Ohne die Führung zu verlieren, ohne Widerständen zu viel Raum zu geben. Gerade, wenn hierarchiehohe Personen oder Alphatiere mit im Workshop sitzen, ist es wichtig, Stärke und Selbstbewusstsein auszustrahlen – von der ersten Sekunde an.

 

Störenfriede

Alles läuft eigentlich glatt, aber wie geht man mit Störenfrieden um? Grundsätzlich gilt: Störungen immer offen, direkt und wertschätzend ansprechen. Jeder Teilnehmer will das Gefühl haben, wahrgenommen zu werden, wichtig zu sein und mit Respekt behandelt zu werden. Als Moderator ist man dafür verantwortlich, Störungen zu beheben, muss aber dafür sorgen (auch wenn man in einer anderen Rolle den Störenfried lieber zurechtweisen würde), dass jeder sein Gesicht wahren kann.

Wie geht man beispielsweise mit jemandem um, der an allem ständig was auszusetzen hat? Anstatt dem „Halt doch einfach mal die Klappe“-Impuls nachzugeben, erfasst man dessen Themen und stellt sie in der gesamten Gruppe zur Diskussion. Oder denjenigen, der mit flotten (aus seiner Sicht lustigen) Sprüchen aufwartet, fordert man auf, seine Punkte zu versachlichen. Dann gibt es immer einen „Monologisierer“, der am liebsten sich selbst reden hört. Hier gilt es, schnell und beherzt einzugreifen. Bei Marian wirkt das „Stopp, jetzt habe ich Sie verloren. Ich fasse mal zusammen: ihre Meinung ist XY. Lassen wir doch mal hören, was die anderen dazu sagen.“ so einfach (Übung macht den Meister). Unterstützend kann eine Visualisierung auf dem Flipchart wirken. Auch dann, wenn Dinge genannt werden, die eigentlich nicht zu dem jeweiligen Thema passen. Die parkt man dann auf dem Flipchart, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu besprechen. Und denjenigen, der sich kaum einbringt, sollte man direkt ansprechen, nach seiner Meinung fragen. Oder in der Pause im Gespräch eine Referenz herstellen, eine persönliche Brücke bilden. Was nie schadet: eine Portion Humor. Zum Beispiel den notorisch Unpünktlichen, der es nach einem kleinen Rüffel auf die Sekunde zurück in den Workshopraum schafft, mit dem Spruch empfangen „Na, das war aber knapp!“.

Was Marian für sich gemerkt hat, dass häufig die kritischsten Teilnehmer hinterher die besten sind. Denn Widerstand bedeutet gleichzeitig Power. Man muss diesen „nur“ konstruktiv nutzen, Betroffene zu Beteiligten machen, sie in die Verantwortung nehmen. Zum Beispiel ein „Ist doch alles Scheiße“ mit „Was genau finden Sie denn Scheiße?“ hinterfragen.

 

Fazit

Die Rolle des Moderators ist nicht so einfach, oft sind es Feingefühl und Verhaltensnuancen, die einen guten vom schlechten Moderator unterscheiden. Man soll führen, aber unaufdringlich. Man soll die Gruppe leiten, aber auf die Gruppe hören. Man soll Störenfriede hemmen, aber respektvoll mit ihnen umgehen. Man soll zielorientiert sein, aber trotzdem flexibel. Man soll sachlich bleiben, aber emphatisch agieren.

Marian jongliert mit all dem in Perfektion. Sie ist eine Wundertüte aus Chefin, Dirigentin, Psychologin, Animateurin, beste Freundin. Mit dem, was sie innerhalb weniger Stunden mit viel viel Spaß vermittelt, fühlt man sich gewappnet, den nächsten Workshop noch besser vorzubereiten und durchzuführen. Und den übernächsten noch ein bisschen besser. Anstatt Angst vor Störenfrieden zu haben, freue ich mich jetzt regelrecht darauf, Marians Techniken bei Störenfrieden ausprobieren zu können (bei meinem letzten Workshop war ich schon fast traurig, dass es zu harmonisch zuging).

Mit Blick auf Marians Präsentation weiß ich, dass mein persönlicher Eindruck des Workshops nur einen Bruchteil dessen abdeckt, was sie uns mitgegeben hat. Da hilft nur eins: Erlebt es selbst, meldet euch zum nächsten Moderationsworkshop an!