Die sieben Gesichter des Strategen. Eine Planning-Typologie.

Von Knut Riedel und Torben Schacht, freies Planner- und Trainer-Team, Hamburg

 

Strategische Kommunikations-Planung ist inzwischen eine etablierte Säule in der deutschen Agenturlandschaft. Im Laufe der Entwicklung hat sich dabei nicht nur das fachliche Aufgabenfeld der Planner und Plannerinnen, sondern auch deren Selbstverständnis diversifiziert. Wir haben sieben Typen identifiziert, wie Planner den Kern ihres Job verstehen können. Dabei handelt es sich um idealtypische Haltungen, die je nach Person, Situation, Aufgabe und Team unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Wahrscheinlich umfasst diese Liste auch nicht alle möglichen Typen – nach unserer Einschätzung deckt sie aber alle wesentlichen ab.

Sich die unterschiedlichen Haltungen bewusst zu machen, hat Vorteile:
– Der Planner kann sich klarer über sein eigenes Profil werden: Wo liegen Stärken, wo Motivationsbremsen? Wo Erfahrungen, wo Potenziale? Und vor allem: In welche Richtung möchte er sich selbst weiter entwickeln?
– Der Head-of-Planning kann sein Team unter die Lupe nehmen: Welche Typen sind bereits da, welche fehlen? Wer ist welcher Typ und wer bekommt welche Jobs? Und: Was für ein Typ ist man selbst? Und welche Folgen hat das für Personalauswahl und Umgang mit Kunden und Kollegen?
– Wer freie Planner engagiert, kann klarer definieren, wie er ihre Rolle versteht: Wo ist der akute Bedarf? Und welche spezielle Kompetenz und Expertise sollen für das Projekt eingekauft werden?
– Nicht zuletzt kann der Agenturkunde reflektieren: Wie arbeitet „sein“ Planner überwiegend? Was schätzt er an dessen Arbeit? Und welche Aspekte möchte er zukünftig noch stärker einfordern?

 

Typ 1: Der Consumer Insight-Planner

Er folgt einer klassischen Definition des Planning als „Anwalt des Verbrauchers“. Gern nutzt er qualitative Marktforschung, um wirklich tiefgründig zu verstehen, wie seine Zielgruppe die Welt sieht, wovon sie träumt und was sie braucht. Erfolg ist für ihn, denjenigen Köder zu finden, der dem Fisch wirklich am besten schmeckt. Leider lässt er damit auch dann nicht locker, wenn Kreation und Kunde aktuell ganz andere Ziele verfolgen.

 

Typ 2: Der Marken-Planner

Auch er folgt einer klassischen Definition: Der Planner als „Anwalt der Marke“. Selbstähnlichkeit und Differenzierungskraft sind für ihn zentral. Dazu steigt er tief in Historie, Produktion und Wettbewerbsvergleiche ein und sucht nach dem „genetischen Code“ oder den „Erfolgsmustern“ der Marke. Erfolg ist für ihn, für „seine“ Marke ein nachhaltig eigenständiges Profil durchzusetzen. Leider vergisst er dabei mitunter, dass der große Wurf selten im Detail steckt – weder für Kreative noch Kunden noch Verbraucher.

 

Typ 3: Der Marktforschungs-Planner

Er ist Experte, wenn es um statistische Auswertungen, Verlagszählungen, Werbemittelerfolgskontrollen und alle weiteren Methoden der quantitativen Marktforschung geht. Erfolg ist für ihn, signifikante Indikatoren für den zukünftigen Erfolg eines Konzepts oder einer Kampagne aufzeigen und dem Kunden damit größtmögliche Sicherheit vermitteln zu können. Leider vergisst er dabei bisweilen, dass die Realität oft eher zwischen den Zahlen steckt und sich die größten Erfolgsstories ohne oder sogar entgegen schlechten Vorhersagen ereignet haben.

 

Typ 4: Der Kreativ-Planner

Er hat eine ganz besonders ausgeprägte kreative Ader. Ihm geht es darum, mit disruptiven Ideen Marken und Märkte in eine neue Ära zu führen. Inspirieren lässt er sich von „wirklich“ kreativer Kommunikation, die er auf Kreativ-Festivals, im Ausland, in der Kunst und natürlich in den Tiefen des Internets findet.

Erfolg ist für ihn, Wegbereiter für Kreation zu sein, die Marken zu Ikonen macht und über die man noch Jahrzehnte spricht. Leider übersieht er dabei manchmal, dass im Hier-und-Jetzt Probleme auch ganz pragmatisch zu lösen sind.

 

Typ 5: Der Netzwerk-Planner

Er hat die internationale Verantwortung für eine Marke. Sein Job ist es, Ordnung im länderspezifischen Wildwuchs zu schaffen, zu dem internationale Marken stets tendieren. Dazu beliefert er seine lokalen Kollegen mit hoch komplexen Schemata zur Markendefinition und möglichst simplen Kernwerten wie Genuss und Qualität. Und überwacht akribisch ihre Einhaltung. Erfolg ist für ihn, eine Positionierung wirklich transnational durchzusetzen. Leider vergisst er dabei gelegentlich, dass die Welt nun mal verschieden und der kleinste gemeinste Nenner selten attraktiv und inspirierend ist.

 

Typ 6: Der „Im Dienste des Kunden“-Planner

Auch er glaubt, dass der Köder dem Fisch schmecken muss. Der Fisch ist für ihn aber nicht der Verbraucher, sondern der Kunde der Agentur. Den beeindruckt er mit Marken-Modellen, Voxpops und Trend-Analysen, und sorgt auch sonst für die Belieferung mit allem, was der mikropolitischen Performance „seines“ Kunden nützt. Speziell bei Pitch-Präsentationen läuft er zu Höchstform auf. Erfolg ist für ihn, für den Kunden menschlich wie fachlich unersetzlich zu sein. Leider wird er dabei mitunter so sehr Teil des Systems, dass er sowohl den Anschluss an die Interessen der „echten“ Menschen wie auch die seiner Agenturkollegen verliert.

 

 

Typ 7: Der Channel-Planner

Ein relativ neuer Typ, der in Media- und New Media-Agenturen entstanden ist. Er sieht die Zielgruppe vorwiegend im Kontext ihrer Medien-Nutzung. Erfolg ist für ihn, ein „zeitgemäßes Beziehungsangebot“ zu machen, häufig im Sinne von „Dialog statt Monolog“, „Pull statt Push“ und „Erlebnis statt Eigenlob“. Denn nur so lässt sich heute angeblich noch echte Relevanz erzeugen. Leider übersieht er dabei leicht, dass weder Zielgruppe noch Kunde schon in der entsprechenden Welt leben. Und dass Marken manchmal auch einfach nur einen möglichst klaren „klassischen“ Kaufanreiz aussprechen müssen.

 

Fazit:

Jeder Planning-Typ hat seine individuellen Stärken und Schwächen. Um zu einer ganzheitlichen Strategie zu kommen, lohnt es sich, möglichst viele Perspektiven einzubeziehen. Ein möglichst breites Spektrum abzudecken und souverän die Perspektive wechseln zu können, zeichnet aus unserer Sicht einen guten Planner, eine gute Plannerin und ein gutes Planning-Team aus. Es profitieren das Agenturteam, der Kunde, die Marke – und nicht zuletzt der Planner selbst, weil sein Job so nie langweilig wird.

 

 

Foto: „Antreten…Stillgestanden!“ | LP12inch | photocase.de 

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