Brandification – Warum Markenstolz das gesamte Unternehmen angeht

Beginnen wir mit einer Begriffserklärung. ‚Brandification‘ setzt sich zusammen aus den Wörtern ‚Brand‘ und ‚Gratification‘. Es ist der Versuch, ein Phänomen zu beschreiben, das wir alle kennen, das sich aber schwer erklären lässt: Dieses Hochgefühl, das sich einstellen kann, weil man – gegen Geld – ein bestimmtes Produkt der richtigen Marke ergattert hat. Markenstolz eben.

von Wolfgang Steiner, Head oj Marketing Strategy & Analysis, bei SapientNitro Deutschland

 

Dieses Gefühl findet jeden Tag statt. Es befällt Männer wie Frauen und macht sie redsam. In allen Ländern und Sprachen. Und über alle möglichen Produkte. Es geht um Schuhe, natürlich, und iPhones, auch natürlich, aber ebenso um Fahrräder, Autos, Uhren, Füller, Taschen, Kameras, Motorroller, Speicherplatten und wer weiß noch was alles. Das Internet ist voll damit. Die sozialen Netzwerke quellen über davon. Nicht wenige Leute lassen sich das Logo ‚ihrer‘ Marke auf den Körper tätowieren.

 

Treibstoff für Kommunikation

Menschen mit Markenstolz sind wertvolle Kunden. Sie geben mehr Geld aus und kaufen häufiger ein. Sie sind weniger preissensibel und loyaler als der Durchschnitt. Vor allem geben sie anderen Menschen häufiger Tipps und Empfehlungen. Im Freundes- und Kollegenkreis und mit deutlich höherer Reichweite, online in den sozialen Medien. Für Unternehmen ist die Wirkung von Markenstolz als Treibstoff für Kommunikation daher nicht zu unterschätzen.

Die Bedeutung von Markenstolz geht aber noch weiter. Die zunehmende Digitalisierung lässt Marketingkommunikation mit Serviceleistungen verschmelzen. Zusammen mit dem Produkt- und (Online-) Einkaufserlebnis werden sie zu einem einzigen Markenerlebnis. Das lntemet verbindet sie an einem gemeinsamen Ort. Unpässlichkeiten im Markenverhalten dürfen daher nicht mehr darauf hoffen, unbemerkt zu bleiben.

 

Markenstolz bekommt ein eigenes Modell

Um herauszufinden, welche Faktoren das Zustandekommen von Markenstolz auslösen, wurde mit der Universität Augsburg ein Arbeitsmodell entwickelt und in einer empirischen Studie über die sehr unterschiedlichen Produktkategorien Automobil, Smartphones und Schokolade hin überprüft. Fünf maßgebliche Antriebskräfte wurden herausgearbeitet, validiert und im sogenannten Markenstolz-Modell zusammengefasst:

Einzigartigkeit – als der Mut, sich von anderen zu unterscheiden Selbstähnlichkeit – als die Konsequenz, sich selbst treu zu bleiben Gefallen – als der Aufwand, mit allen Sümen zu verführen
Aussage – als die Erkenntnis, immer auch Botschaft zu sein
Leistung – als das Bemühen, immer ein wenig mehr zu leisten

Der Ansatz begreift die Marke als ganzheitliche Leishmg jenseits von Abteilungsgrenzen. Immer geht es darum, das Zusammenspiel von Marketing, Branding, Produkt, Vertrieb, Kundenservice, Online, IT und auch HR im Netzwerk-Ansatz zu einem inspirierenden Gesamtergebnis zu entfalten.


Die Marke als immer sofort auch eingelöstes Versprechen

Genau hier scheitern zu viele Unternehmen. Mangelnde interne Feinabstimmung führt oft zu einer holprigen Markenführung. Kein Wunder, wurden die einzelnen Unternehmensbereiche im Zeitalter der Massenfertigung doch darauf gedrillt und ausgerichtet, sich in möglichst effizienten und gut steuerbaren Silos zu organisieren. Auch darum werden Abteilungsziele traditionell so gesetzt, dass sie monokausalen lnput-Output-Schemata folgen und auf gut abgrenzbare, individuelle Leistungen zurückführbar sind.

Was gegen diese Ordnung verstößt, wirkt auf Organisationen wie ein Störfall. Das Web-Prinzip der Vernetzung und Zusammenarbeit, das in immer mehr Lebens- und Arbeitsbereichen bereits Einzug gefunden hat, tut aber genau das. Darum fällt es Unternehmen oft so schwer, sich auf eine digital angetriebene Geschäftswelt einzustellen und eine durch Online ermöglichte stärkere Kundenzentrierung zu ermöglichen. Ein Programm, das Unternehmen bei der Transformation hin zu einer stärker online-orientierten und agileren Struktur helfen will, muss daher gleichermaßen alle Schlüsselthemen im Organisationsaufbau berücksichtigen:

• Unternehmens- und Hierarchiestrukturen
• Prozesslandschaft
• Zielsysteme und -ausrichtung
• IT-Systemarchitektur
• Mitarbeiter- und Unternehmenskultur

Nur im Zusammenspiel der einzelnen Unternehmensbereiehe wird ein überzeugendes und nahtloses Markenerlebnis für Kunden geschaffen. Die digitale Welt entlarvt hier Inkonsistenzen sehr schnell. Sie bietet Unternehmen aber auch beste Chancen auf eine Markenperformance in neuer Dimension. Eine die Stolz macht.

 

 

Foto: „Ben und Fred“ | vortritt | photocase.de

comments powered by Disqus