Frauenquote?

Sabine Pal und Larissa Pohl, Brand Consultants bei Ogilvy Frankfurt, reflektieren die Frage, ob eine gesetzliche Frauenquote eine begrüßenswerte Offensive wäre oder ein Anschlag auf den weiblichen Stolz.

 

Da steht man nun als Frau und denkt sich: „Wunderbar, jetzt ist es offiziell. Wir sind also eine diskriminierte Bevölkerungsgruppe.“ Das ist es doch, was eine Quote impliziert. Es hat jemand erkannt, dass Frauen nicht ausreichend geschätzt, gefördert und ihnen im Job nur Positionen bis zu einem mittleren Niveau zugetraut werden. Und nun will dieser Jemand durch ein Gesetz dafür sorgen, dass Frauen eine faire Chance bekommen. Das ist löblich. Trifft aber in erster Linie den weiblichen Stolz.

Vor allem jungen Frauen ist es nicht zu verwehren, dass sie nicht akzeptieren wollen, im Joballtag gegenüber ihren männlichen Kollegenbenachteiligt zu werden. Sie denken die Emanzipation der Frau habe bereits stattgefunden. der Feminismus sei vollendet. Jeder würde auf Basis seiner Leistung gleich bewertet und gefördert werden.

Falsch gedacht. Der Feminismus ist leider auf halber Strecke liegengeblieben. In der Wirtschaft zumindest ist er noch nicht angekommen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Männer Frauen oft gar nicht erst als Konkurrenz betrachten. Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Für dieses ist es seit Menschengedenken Normalität, von Männern geführt zu werden. Deshalb stellen Männer sich auch zumeist gar nicht erst dem direkten Wettbewerb mit Frauen. Männer sind es gewohnt, unter sich zu sein.

Es ist auch keine Neuigkeit, dass Männer Frauen nicht verstehen und umgekehrt. Da ist es doch nur logisch, dass ein Mann einen wichtigen Posten lieber mit jemandem besetzt, den er naturgegeben besser einschätzen und verstehen kann. Zur Gewohnheit kommt also noch eine zweite Barriere: die des fehlenden Verständnisses unter den Geschlechtern.

 

Immerhin gilt auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel

Die wohl größte Ausnahme ist Angela Merkel. Ein neues Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik mit einer Frau in höchster staatlicher Führungsposition ist hier geschrieben worden. Und es ist eines der wenigen Ereignisse in der Politik, von dem zu lernen lohnen würde. Man mag sich über ihre Politik streiten. Aber doch scheint diese Frau an der Spitze eines der einflussreichsten Länder der Weltgenügend Kollegen von sich überzeugt zu haben, ein zweites Mal ihre Stimme für sie abzugeben. Spiegelt das auch die aktuelle Situation in der Wirtschaft wider? Nein. Weil es eine Ausnahme ist. Keine Regel. Keine Gewohnheit. Das Planning scheint hier im Vergleich zum branchenübergreifenden Durchschnitt sowie zur Medien- und Kommunikations-Branche im Allgemeinen ebenfalls eine Ausnahme zu sein:
Nichtsdestotrotz sind die Werte recht schwach, bedenkt man, dass es in unserer Branche im Schnitt ca. 53%weibliche Mitarbeiter gibt (W&V, Ausgabe 06/2011). In Führungspositionen (wie auch immer definiert) sind es nur noch 27%. Im Top-Management findet man dann kaum noch eine Frau.

Betrachtet man die Entwicklung des Frauenanteils im Top-Management in den vergangenen 15 Jahren, ist dieser über alle Branchen hinweg von 1995 (ca.3 %) bis 2010 (ca. 6%) unterm Strich nur um 3% gewachsen (Hoppenstedt Firmeninformation GmbH, Stand Januar 2010).

 

Was ist zu tun? Brechen wir mit den Gewohnheiten!

Wie der italienische Filmschauspieler Marcello Mastroianni einmal schön formulierte: „Eine Frau, die ihren Widerstand aufgibt, geht zum Angriff über“. Sehen wir die Befürwortung einer Quote also nicht als Betrug des weiblichen Stolzes, sondern als Angriff. Stolz hilft uns an dieser Stelle nicht weiter. Auch das ist eine Stärke der Frau: Situationen feinfühlig einschätzen zu können und das Ego auch mal beiseite zu legen, wenn dies langfristig zu größeren Erfolgen führt. Eine „Absichtserklärung“ konnte und wird auch auf mittelfristige Sicht nichts Bewegendes verändern. Gute Absichten in allen Ehren, aber wenn ‚Mann‘ die Wahl hat, greift ‚Mann‘ doch lieber zum Altbewährten und Gewohnten. Das ist menschlich und kann den Entscheidern nicht mal verübelt werden. Betrachten wir die Quote also als ein notwendiges Übel. Einen Hebel, um veraltete Strukturen und Unternehmenskulturen aufzubrechen, indem wir Frauen die Chance geben, zur neuen Gewohnheit zu werden.

Frauen in Führungspositionen werden zu Beginn mit Argusaugen betrachtet werden und sich stärker beweisen müssen als jeder Mann in gleicher Position. Das sind wir Frauen gewohnt. Wir mussten uns immer schon beweisen. Und wir werden es auch dieses Mal tun, wenn wir an der Spitze stehen und als „Quotenfrau“ bezichtigt werden. Bis es zur Gewohnheit wird .. in der Wirtschaft, in Agenturen und auch im Planning.

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Quelle: Hoppenstedt Firmeninformation GmbH, Stand Januar 2010; W&V „Quote versus Wirklichkeit“ Ausgabe 06/2011; APG Mitgliederbefragung, Mai 2011

 

 

Foto: “XX oder XY?” | sör alex | photocase.de

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