Einfach: gut

Als McDonald’s vor gut 15 Jahren noch mit dem Claim ‚Einfach gut‘ warb, wusste das Unternehmen sicherlich nicht, dass es seiner Zeit voraus war und den heutigen Zeitgeist treffen würde. Denn die Antwort auf Komplexität ist ganz einfach: Einfachheit.

Von Niklas Wecker, Grabarz & Partner, Hamburg

 

 

Wir leben in Zeiten der täglich an Geschwindigkeit zunehmenden Veränderungen, und das auf allen Ebenen des Lebens – vom Beruf, den persönlichen Beziehungen, dem Familienleben bis hin zur Freizeitgestaltung. Verstärkt wird diese Entwicklung von schnell voranschreitenden technologischen Entwicklungen, die zu einem wachsenden Informationsangebot führen.

Schaut man sich in diesen Rahmenbedingungen die Befindlichkeit der Menschen an, stellt sich angesichts wachsender Komplexität des Lebens schnell ein Gefühl der Überforderung ein. Dabei ist die Antwort auf Komplexität ganz einfach: Einfachheit.

Einfachheit ist die natürliche Reaktion auf Komplexität, denn sie sorgt für Entlastung, indem sie komplizierte Dinge simplifiziert. Einfachheit erleichtert die Auswahl aus verschiedenen Alternativen. Einfachheit reißt Barrieren ein und ebnet den Weg für erwünschtes (Konsumenten-)Verhalten. Einfachheit stellt etwas Berechenbares in einer unberechenbaren Welt dar und ist für die Menschen ein erstrebenswerter Zustand.

Und so kann man auch beobachten, dass Marken auf die aufkommende Überforderung der Menschen mit Einfachheit reagieren. Denn wenn Marken auf Einfachheit setzen, hat das viele Vorteile.

Dass Einfachheit nicht nur psychologische Auswirkungen (i. S. v. Entlastung, Sorglosigkeit, Sicherheit, Entspannung) für die Konsumenten, sondern auch finanziell positive Folgen für Unternehmen hat, beweist der ‚Global Brand Simplicity Index‘ von ‚Siegel+Gale‘, der die Effekte von Einfachheit auf Marken misst. Die Studie quantifiziert die wirtschaftlichen Auswirkungen von Einfachheit über neun Branchen hinweg. Allein in Deutschland könnten laut ‚Siegel+Gale‘ beachtliche 3,6 Mrd. Euro mehr Umsatz erzielt werden, wenn die Unternehmen präziser, klarer und verständlicher – sprich einfacher – kommunizieren würden. Einfachheit ist also für Konsumenten und Unternehmen gut!

 

Einfachheit auf allen Ebenen

Doch Einfachheit findet auf ganz unterschiedlichen Ebenen statt. Sie manifestiert sich nicht nur in der Kommunikation, sondern auch in der originären Leistung des Unternehmens, der Ausgestaltung eines Produkts oder Services. Einfache Kommunikation wirkt schnell und implizit. Ein einfaches Produkt bzw. einfacher Service lässt sich ganz intuitiv nutzen. Und so ist die Liste der Unternehmen, die auf Einfachheit setzen, auch lang. Apples oberstes Prinzip bei der Produktentwicklung ist Einfachheit und zeigt: Technologie muss nicht zwingend zu erhöhter Komplexität führen, sondern kann ganz einfach gestaltet sein. Damit landet der Konzern weltweit auf dem fünften Rang im ‚Global Brand Simplicity Index‘.

– Der Erfolg der Zeitschrift ‚Landlust‘ ist auch mit dem Wunsch der Menschen nach „dem einfachen Leben“ und der Sehnsucht nach Entschleunigung zu erklären.

– Ikea inszenierte unlängst in einem TV-Spot seine Teelichter mit der Aussage, dass es ganz einfach ist, sich ein gemütliches Zuhause zu schaffen (Index-Platzierung: 3).

– Die Targobank hat sich in Zeiten hoch komplexer Finanzprodukte zum Ziel gesetzt, Banking einfach und klar zu machen.

– Base macht seine Tarifpakete durch Zu- und Abschalten verschiedener Leistungspakete ganz einfach.

– Simyo sagt im Claim ganz einfach, dass „einfach einfach einfach ist“.

– Googles Suchmaschine ist die maximale Reduktion auf das Wesentliche: das einfache Eingabefeld für die Suche. Das Resultat: die weltweite Nummer 1 in Sachen Einfachheit.

– E Wie Einfach macht Einfachheit sogar zum Teil des Markennamens.

– Und auch McDonald‘ s entdeckt alte Tugenden wieder und setzt in seiner Kommunikation wieder auf Einfachheit, indem es in einem aktuellen TV-Spot sein einfachstes Produkt überhaupt inszeniert: die Pommes frites.

 

Der Mensch als Ausgangspunkt 

Läge angesichts des Bedürfnisses der Konsumenten nach Einfachheit eine Rückkehr zum alten Claim ‚Einfach gut‘ nicht nahe? Nein, das wäre zu einfach. Denn es bliebe eine reine Markenbehauptung, schließlich fühlen sich die meisten Menschen nach einer kalorienreichen und schwer im Magen liegenden Mahlzeit im Schnellrestaurant einfach nicht gut. Stets lauert nach dem Essen die kognitive Dissonanz in Form des schlechten Gewissens, dass man gesündigt hat.

Vielmehr ist der aktuelle Claim ‚Ich liebe es‘ einfach, ohne explizit ‚einfach‘ zu sagen. Denn er beschreibt das Gefühl, einfach mal fünfe gerade sein zu lassen, sündigen zu dürfen und in Kindheitserinnerungen zu schwelgen. Ein Gefühl. das wir alle kennen, weil es auf dem tatsächlichen Markenerlebnis fußt und Emotionen adressiert, die die Menschen mit der Marke verbinden. Dadurch wirkt der Claim implizit. Das ist umso wichtiger, als neurowissenschaftliche Forschungen zeigen, dass Kaufentscheidungen zu einem Großteil durch implizite, intuitive Vorgänge im Gehirn bestimmt werden.

Marken sollten also konsequent auf Einfachheit setzen. Auf allen Ebenen eingesetzt – vom Produkt bis hin zur Kommunikation – zahlt sie sich messbar aus. Wichtig ist es dabei als Marke, die Innensicht konsequent zu verlassen und den Menschen als Ausgangspunkt für die Ausgestaltung von Einfachheit zu nehmen. Denn nur was implizit zu verarbeiten ist, erreicht die Menschen und arbeitet letzten Endes auch im Sinne der Marke.

So auch für McDonald‘ s, das auf dem ‚Global Brand Simplicity Index‘ weltweit auf Rang 4 rangiert.

 

 

Foto: „Red Arrows“ | liquid-innovations | photocase.de

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