Meister in Social Creativity: Jack White

Von John Lowery, Malatesta, London, aufbereitet von Dr. Gordon Euchler Senior Planner DDB Tribal Berlin GmbH

 

Vortrag von John Lowery mit dem Thema: mit zunehmender Vernetzung untereinander erwarten wir alle auch von Marken mehr Möglichkeiten der Interaktion und Offenheit. Und eine Kommunikation, die das Potenzial hat, zum „Word of Mouth“ zu werden. Dies ist Social Creativity – Kommunikation, die Menschen mit Menschen und Menschen mit Marken verbindet.

 

Aber über wie viele Marken wird im Netz wirklich geredet?

 

Nike ist sicherlich eine davon. Wer Nike googelt, bekommt 693 Millionen Ergebnisse. Nike hat allerdings Zehn-, wenn nicht gar Hunderttausende Angestellte und Nike ist – außer in Nordkorea – in allen Ländern der Welt vertreten. Umso interessanter ist Folgendes: Wenn man nach einem einzelnen jungen Mann namens Jack White – Mitglied der mittlerweile leider aufgelösten The White Stripes – und all seinen Auftritten für seine Bands The White Stripes, The Dead Weather usw. googelt, dann erhält man 629 Millionen Ergebnisse. Man kann also guten Gewissens behaupten: Jack versteht eine Menge von Social Creativity.

 

Und alle, die sich fragen, was denn Jack Whites Social Creativity mit Business zu tun hat und wie wirksam seine Social Creativity ist, die mögen bitte einmal hierüber nachdenken: Jack hat 45 Millionen Dollar auf der Bank. Irgendetwas macht er wohl richtig. So können wir von ihm lernen: hier meine 7 Tipps:

 

Nummer 1: Verliere die Kontrolle und liebe es.

Wer den Film über die Entstehung der Creative Commons gesehen hat,[1] weiß, dass ein Musiker namens Steve McDonald einen nicht autorisierten Bass-Track unter das White-Stripes-Album ‚White Blood Cells’ gelegt hat und das Ergebnis seines Experiments im Internet veröffentlicht hat.

 

Jack hätte ihn verklagen können. Hat er aber nicht. Er sagte: Okay. Und Millionen von Menschen hörten die White Stripes wie noch nie zuvor.

 

‚Seven Nation Army’ – Jacks Grammy-prämierter Track – wurde die inoffizielle Hymne der ägyptischen Demonstranten auf dem Tahrir-Platz. Auch als Spanien 2012 Europameister wurde, hörte man die Fans ‚Seven Nation Army’ singen.

 

Jack sah das Ganze so … „Es gibt nichts Wundervolleres, als wenn die Menschen eine Melodie zu ihrer eigenen machen und sie in den Pantheon der Pop-Musik tragen. Als Songwriter kann man das unmöglich planen. Ich liebe es, dass die meisten Menschen, die meinen Song singen, keine Ahnung haben, wo er herkommt.“

 

Nummer 2: Erschaffe deine Geheimnisse und Mythen.

War Meg White – die Schlagzeugerin der White Stripes – Jacks Schwester? Oder seine Frau? Ist er wirklich schon von Karen Elson geschieden? Hat er wirklich wieder geheiratet?

 

Vor seiner Karriere als Rockstar hat Jack seinen Lebensunterhalt mit dem Polstern von Möbeln verdient. Und hat nebenbei eine Single aufgenommen. Hat durchsichtige Vinyl-LPs pressen lassen und dann 100 davon bei der Arbeit in die Polster der Sessel eingebaut. Da draußen gibt es also 100 unbezahlbare Jack-White-LPs. Und keiner weiß, wo sie sind. Und weil sie durchsichtig sind, kann man sie noch nicht einmal mit Röntgenstrahlen entdecken. Der einzige Weg, sie zu finden, ist, deine Sessel aufzuschlitzen. Vielleicht ist die LP ja in deinem Sessel?

 

Menschen reden über solche Geheimnisse und Mythen – wie Coca-Colas geheimes Rezept. Schaffe selber welche und die Leute werden darüber reden.

 

Nummer 3: Lasse andere Menschen deine Marke aufbauen.

Mit spartanischer Disziplin hielten sich die White Stripes daran, immer nur in den Farben Rot, Weiß und Schwarz aufzutreten.

 

Man braucht nur ein paar Euros bei seinem örtlichen Caritas-Shop für Klamotten auszugeben und schon kann man wie Jack oder Meg aussehen.

 

Die Menschen da draußen machen genau das. Posten es auf Flickr, Tumblr, Facebook und so weiter. Und so bleiben die White Stripes berühmt.

 

Nummer 4: Besser zusammen.

Kollaboration und Crowdsourcing sind Marketingtrends. Aber wenn man mal ehrlich ist: 99 Prozent, was von der Crowd gesourct wird, interessiert nur die Person, die es gemacht hat und vielleicht sieben seiner 850 Facebook-Freunde.

 

Wenn Jack mit anderen zusammenarbeitet, macht er das mit Menschen, die selber Großartiges erschaffen.

 

Jack hat in 20 unterschiedlichen Bands gespielt. Und hat Musik für mehr als 40 Bands produziert. Jack hat Projekte mit den Rolling Stones gemacht, mit Tom Jones, Bob Dylan, Jeff Beck, Jay Z und den Smoke Fairies. Es gibt Gerüchte, dass er mit den Alabama Shakes zusammenarbeiten wird.

 

Die Zusammenarbeit gibt Jacks Musik immer wieder neue Impulse und die Menschen reden darüber, was er wohl als Nächstes machen wird.

 

Finde Partner, mit denen du zusammenarbeiten möchtest und die dir helfen, Großartiges zu schaffen. Und, wie Jack, schrecke nicht davor zurück, sogar mit deinem Wettbewerb zusammenzuarbeiten.

 

Nummer 5: Lerne Leute kennen. Deine Leute.

Damit meine ich nicht, hinter einem Spiegel zu sitzen und eine Fokusgruppe anzuschauen, deren Ergebnisse man doch irgendwie vorher kennt.

 

Auf ihrer letzten Tour in Kanada stellten sich die White Stripes an eine Bushaltestelle, nahmen den nächstbesten Bus und spielten ihr Konzert genau dort. Die Menschen im Bus sangen begeistert mit: The wheels on the bus go round and round, round and round, round and round.”

 

Es ist immer ein wenig unangenehm, seine Kunden von Angesicht zu Angesicht zu treffen – sie sagen oft Dinge, die wir nicht hören wollen. Die Menschen hätten auch ganz anders auf Jack und Meg reagieren können. Aber die beiden gingen das Risiko ein. Das Risiko zu scheitern. Waren bereit, sich zu blamieren. Und das Ergebnis ist ein Film auf YouTube über genau diesen Bus-Trip. Schaut ihn euch an.

 

Unternehmen. Du. Ich. Wir alle sollten bereit sein, auch zu scheitern. Sich vor echten Leuten zu blamieren, denn nur wenn wir dieses Risiko eingehen, lernen wir etwas Neues.

 

Nummer 6: Leichter gesagt als getan … aber immer, wirklich immer, solltest du dich nur mit Großartigem zufriedengeben.

Menschen reden nicht über Durchschnittliches. Sie reden noch nicht einmal über gute Sachen. Sie reden nur über die Sachen, die wirklich großartig sind.

 

Wann war das letzte Mal, dass wir vor einem TV-Spot saßen und ‚wow’ sagten? Wie viel von dem, was Unternehmen im Internet veröffentlichen, ist wirklich ‚engaging’ oder bewegt tatsächlich Menschen?

 

Kreativität wird geknebelt. Von Angst. Von Gremien. Von Vorsicht.

 

Als Jack ‚Seven Nation Army‘ komponierte, spielte er es einigen Freunden vor. Sie zeigten sich nicht wirklich beeindruckt. Aber Jack brannte vor Überzeugung und diese Überzeugung sagte ihm, dass er recht hatte. Nicht die anderen. Und jeder weiß ja, was mit ‚Seven Nation Army‘ dann passierte.

 

Nummer 7: Und das ist meine eigentliche Empfehlung … Höre zuerst auf deine rechte – kreative – Gehirnhälfte. Dann lass deine linke – rationale – Seite folgen.

Jack ist sowohl Künstler als auch Techniker.

 

Im Film ‚It might get loud’ sieht man am Anfang, wie Jack seine eigene Gitarre baut. Aus Holzabfällen, Draht, ein paar Nägeln und einer leeren Coke-Flasche.

 

Er hat die Vision und kann sie auch umsetzen.

 

Zu viele Unternehmen lassen ihre linke Gehirnhälfte dominieren. Wenn es gut läuft, wird dann noch ein wenig Kreativität angeschraubt. Man macht ein paar Workshops. Oder einen – Gott bewahre – Dress-Down-Freitag. Geht zu Konferenzen. Kreativität steht immer nur an zweiter Stelle. Aber DDB-Gründer Bill Bernbach wusste: „Creativity is the most powerful force in business.“

 

Also, fange mit deiner kreativen Gehirnhälfte an – genau wie Jack – und dann bringe die rationale in Einklang damit. Und wer weiß, vielleicht kommen dann ja Klänge wie diese heraus … http://www.youtube.com/watch?v=6j7huh5Egew

 

 

 

Foto: Patrick Pantano | whitestripes.com

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