Dialog macht Marke

Anders als oft propagiert ähnelt das Verhältnis zwischen Mensch und Marke eher einer Zweckgemeinschaft als einer Liebesbeziehung. Treu ist der Konsument nur, wenn er über alle Touchpoints hinweg optimal belohnt wird.

Von Dr. Markus Gräßler, Managing Director bei der gkk DialogGroup GmbH in Frankfurt am Main

Verbraucher in Deutschland achten wieder mehr auf den Markennamen! Dieses Ergebnis einer Studie von McKinsey & Company hat für ein großes mediales Echo gesorgt. Noch nie war den Konsumenten die Marke ihres Produktes so wichtig wie heute. Das scheint vor allem bei Produkten der Fall zu sein, die die Verbraucher für andere sichtbar konsumieren wie Zigaretten, Handys, Autos, Laptops und Sportschuhe. Für die Unternehmensberater ist diese Erkenntnis ein Beweis, dass Marken Verbrauchern die Sicherheit geben, beim Kauf eine richtige Entscheidung zu treffen. Dass das Bedürfnis nach Risikoreduktion und Orientierung durch starke Marken befriedigt wird.

Starke Marken haben also offensichtlich auf lange Sicht keinen Liebesentzug zu befürchten. Aber heißt das automatisch, dass sich das Konzept der sogenannten Lovebrands durchgesetzt hat? Diese in der Marketingpraxis häufig verbreitete Annahme geht davon aus, dass die Beziehung zwischen Mensch und Marke analog zu einer zwischenmenschlichen Beziehung funktioniert – gerade wenn es um die emotionale Ebene von Markenbindung geht. Doch die „Marke als Mensch“-Modelle sind nicht nur wissenschaftlich fragwürdig. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass Marken im Gehirn wie Objekte behandelt werden und nicht wie Menschen (Quelle: Absatzwirtschaft 6/2016). Vielmehr sind wir nach neuesten Erkenntnissen an die Marken gebunden, die uns optimal belohnen. Konsumenten entscheiden sich für Produkte und Marken nicht zum Selbstzweck, sondern um damit etwas zu tun, zu besitzen oder etwas zu sein. Menschen werden also loyal und haben eine höhere Zahlungsbereitschaft, wenn eine Marke ihre Ziele – funktional oder emotional – bestmöglich bedient.

Diese Erkenntnis legt eines nahe: Klassische Markenmacher dürfen vom Sockel geholt werden! Die von der klassischen Werbung angestrebte künstliche Überhöhung von Marken ist angesichts der wachsenden Fragmentierung der Kommunikationskanäle und -gewohnheiten obsolet geworden. Kunden wollen von einem Produkt, einer Marke und einem Unternehmen begeistert werden. Der wahre Mehrwert ist eine bestmögliche Customer Experience entlang der gesamten Customer Journey – und das kann das Dialogmarketing leisten!

Heute erkennen die Unternehmen mehr und mehr, welche immense Bedeutung kundennahe Dialogleistungen für den Unternehmenswert und für die Wertschöpfung insgesamt hat. Damit ändert sich nach und nach auch das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Dienstleister. Die Dialogmarketer rücken immer näher an die Themen Marke, Markenführung und Markenwahrnehmung heran.

Ein riesiges Potenzial 

Optimales Kundenbeziehungsmanagement ist in Zeiten der digitalen Revolution eine zentrale Herausforderung. Laut einer Untersuchung der Agentur Edelman wünschen sich 90 Prozent der Konsumenten enge, gleichberechtigte Beziehungen zu Marken. Aber nur 14 Prozent sehen diesen Wunsch erfüllt, ergo besteht ein eklatantes Vertrauensdefizit. Nicht besser sieht es im Servicebereich aus: 80 Prozent der Konsumenten erwarten, dass Marken schnell auf Beschwerden und Fragen reagieren. Nur 13 Prozent finden, dass Marken das aktuell tun.

Mit der Zahl der Touchpoints wächst die Unzufriedenheit – auf beiden Seiten. Unternehmen sind mit dem Management der unterschiedlichen Kanäle und Kontaktpunkte oft überfordert, Kunden fühlen sich nicht richtig beraten, betreut und gewertschätzt. Der Grund ist schnell benannt: Die wichtigen Informationen werden nicht zusammengeführt, viele Daten gehen verloren oder stehen im entscheidenden Moment nicht zur Verfügung. Das liegt daran, dass bei vielen Unternehmen das Thema digitale Transformation nur schwerlich aus der IT-Ecke herauskommt. Aktuell wird von CIOs und IT-Leitern zwar viel Geld für technische Lösungen verbrannt, die aber kaum ein Unternehmen richtig für sich zu nutzen weiß. Hier sind die Dialogspezialisten gefordert, die im gesamten CRM-Prozess gewonnenen Daten intelligent zusammenzuführen und daraus wertvolle Erkenntnisse für die Gestaltung von Kampagnen und Kundenbindungsprogrammen abzuleiten.

Ein Paradebeispiel für intelligentes Kundenmanagement ist das Digital Command Center von Samsung. Für seinen exzellenten Kundendienst wurde das Unternehmen schon mehrfach ausgezeichnet. Insbesondere die Hotline-Mitarbeiter überzeugen mit Kompetenz und ausgesprochener Freundlichkeit. Auch mit geringen Wartezeiten setzt sich Samsung positiv von seinen Mitbewerbern ab. Das ist umso beachtenswerter, als Samsung über ein umfangreiches Produktportfolio verfügt. Es erstreckt sich vom Bereich TV, Audio, Video über Haushaltsgeräte, Speichermedien und Drucker bis hin zu Mobile.

Die Kunst besteht darin, digitalen Service mit traditionellen Kanälen zu verbinden und den Kunden dort abzuholen, wo er sich befindet: Twitter, Website, Video, Facebook, Chat, E-Mail oder am Telefon. Ein Team aus Community- und Content-Managern sowie Call- und Schriftexperten arbeiten integriert zusammen, um den nötigen Support auf allen Kanälen zu gewährleisten. Diese Verknüpfung ermöglicht es, eine ständig lernende, digitale Serviceeinheit aufzubauen. So wird Vertrauen aufgebaut und die Kundenzufriedenheit gesteigert.

Guter Service begeistert

Das Ziel des Digital Command Centers ist ganz klar definiert: Im Mittelpunkt steht ein begeisterndes Serviceerlebnis. Dies wird über einen individuell am Kunden ausgerichteten Dialog erreicht, der durch ständige Integration digitaler Innovationen in bestehende Lösungen kontinuierlich optimiert wird. Zum Beispiel nimmt bei Samsung die relative Bedeutung des Kanals „Telefon“ ab, in absoluten Zahlen bleibt das Call-Aufkommen aber relativ stabil. Das Digital Command Center ermöglicht eine optimale Verknüpfung beider Welten sowie eine kontinuierliche Integration weiterer Innovationen wie den Multi-Call-Back-Service. Ob sofortiger oder geplanter Rückruf über Website, Chat, E-Mail oder Servicerufnummer – er erfolgt immer aus einer zentralen Cloud-Lösung. Über 95 Prozent der Kunden sind bereits mit diesem Serviceangebot sehr zufrieden – eine gute Grundlage für eine enge, vertrauensvolle Beziehung zur Marke, die dann hoffentlich auch in Krisenzeiten keinen Schaden nimmt.

Nur wenn es eine Marke schafft, auf die kommunikativen Bedürfnisse einer Zielgruppe individuell einzugehen und ihr so einen wahrnehmbaren Mehrwert zu bieten, entsteht die Belohnung für den Kunden. Wenn wir Menschen mit Empathie, sozialer Kompetenz, Kreativität und Respekt gewinnen, sie emotional und rational überzeugen, folgen sie uns auf einen gemeinsamen Weg. Das kann nur mit kreativen Ideen erreicht werden, die Menschen über alle Touchpoints hinweg überraschen und begeistern. Dadurch werden Zustimmung, Response und Kaufabschlüsse erzeugt.

Verstehen und Vertrauen ist die Basis für Dialog. Die Herausforderung liegt darin, das gewonnene Wissen in Form von Daten intelligent zu verwerten und mit den Menschen in den Dialog zu treten. Dieses Know-how ist die Basis für qualitativ hochwertige Loyalisierungs-Programme, die im besten Fall langfristige Kundenbeziehungen ermöglichen.

 

new business

Erschienen in: new business 4/ 23.01.2017

Quelle Titelbild:Stmool/shutterstock.com

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