It’s a match!

Sieben Lektionen, mit denen die Zusammenarbeit zwischen Strategen und Kreativen optimiert und zu einer echten Partnerschaft werden kann.

Von Jochen Klein, Agentur-Inhaber und Leiter Strategie und Planung bei der Hundert Grad Kommunikation GmbH, Frankfurt am Main

 

Es könnte so schön sein
Strategische Planer und Kreative könnten ein echtes Dream-Team sein, wenn es darum geht, gemeinsam faszinierende und gleichzeitig strategisch sauber aufgesetzte und zielführende Ideen zu entwickeln. Doch der Alltag in Agenturen sieht oftmals anders aus: Nachdem das Kunden-Briefing auf dem Tisch liegt, zieht sich der Stratege meist zurück, recherchiert Daten, analysiert Zielgruppen, definiert oder korrigiert Ziele, optimiert und ergänzt das Formular. Er übersetzt, verdichtet und baut gedankliche Korridore für die Kreation.

Ah! Spätestens jetzt denkt er auch mal an den Kreativen, der voller Leidenschaft längst erste Ansätze, vielleicht sogar Konzepte in seinen Rechner getippt hat und schon am Layout bastelt.

Partnerschaft geht anders. Und Konflikte sind hier vorprogrammiert. Mal ganz von den Kapazitäten und Kompetenzen abgesehen, die im Sinne der Effektivität und Zielführung so alles andere als klug koordiniert werden.

In nur sieben Lektionen üben Strategen und Kreative, ihre Zusammenarbeit zu optimieren. Mehr noch: Sie haben durch diese sieben Übungsfelder die Chance, auf Dauer so zueinanderzufinden, dass nicht nur beide Seiten davon profitieren, sondern die gesamte Agentur einen echten Nutzen daraus zieht.

 

Lektion 1: Berührungspunkte sammeln
Die erste Lektion auf der Agenda des Partnerschaftstrainings lautet: Gemeinsame Berührungspunkte sammeln. Der strategische Planer und der Kreativ-Direktor finden heraus, in welchen inhaltlichen Punkten sie perfekt matchen. Gemeinsame Berührungspunkte liegen zum Beispiel in der Betrachtung von Zielgruppen, im Erfassen von Communitys oder in der Entwicklung von Personas. Auch das Begreifen und Definieren von Zielen innerhalb realistischer Zeitfenster zählt zu den Faktoren, die beide gleichermaßen betreffen. Denn ohne klares Ziel keine zielführende Idee. Und auch wenn beim Geld die Liebe aufhört, ist die gemeinsame Einschätzung von realistischen Budgets essenziell, um am Ende keine Luftschlösser zu präsentieren.

 

Lektion 2: Perspektiven wechseln
Um an diesen Punkt zu kommen, sind immer wieder gemeinsame Perspektivenwechsel während des gesamten Prozesses notwendig. Denn jeder der beiden schaut aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln auf mögliche Aufgabenstellungen. Während der strategische Planer gerne geradeaus schaut, blickt der Kreative oftmals um die Ecke. Einfach versuchen, die Brille des jeweils anderen aufzusetzen. Denn in jedem strategischen Planer befindet sich auch die Vorstellungskraft eines Kreativen. Und in jedem Kreativen steckt bei vorhandener Konzeptionsstärke (vorausgesetzt) auch ein strategisch-analytischer Anteil.

 

Lektion 3: Vorstellungen formulieren
Was jeder beim Perspektivenwechsel sieht und entdeckt, sollte keiner der beiden für sich behalten. Darüber muss gesprochen werden. Erst durch den Austausch bringen beide ihre jeweiligen Betrachtungen, Sichtweisen und möglichen Erkenntnisse auf den Tisch. Nur so können gemeinsam Thesen entwickelt und Schnittmengen erkannt werden. Zum Beispiel bei der Entwicklung von Positionierungen oder dem Ausformulieren von Alleinstellungsmerkmalen und Nutzenversprechen. Durch den gemeinsamen Dialog können zum Beispiel leichter Kernbotschaften in eine mögliche Text-Idee oder Headline-Konzeption überführt werden.

 

Lektion 4: Kontroversen zulassen
Wie in jeder guten Partnerschaft fliegen auch zwischen Strategen und Kreativen mal die Fetzen. Gut so. Kontroverse Sichtweisen brechen Gewohntes auf und beleben den gemeinsamen Prozess. Durch das Hinterfragen allzu schneller Schlussfolgerungen entstehen manchmal spannende Richtungswechsel und Details im Feintuning der Strategie. Und: Aus einer Explosion heraus landen nicht selten erste Ideensplitter auf dem Tisch. Glühende kleine Perlen, aus denen große Kampagnen entstehen können.

 

Lektion 5: Gegenseitige Stärken verbinden
Spätestens jetzt sind die Schwächen und Stärken der beiden geklärt. Eine solide Basis, um vor allem die gemeinsamen Stärken im weiteren Strategie-Prozess sinnvoll zu bündeln. Über die Kontroversen haben beide gelernt, den jeweils anderen zu respektieren und den weiteren Austausch auf Augenhöhe fortzusetzen. Sollte der Stratege in manchen Momenten der bessere Kreative sein und umgekehrt, sind das durchaus erwünschte Nebeneffekte, um weiter die gemeinsame Richtung auszuloten.

 

Lektion 6: Ansätze korrigieren
Vorsicht! Denn gerade in dieser Phase der gemeinsamen Arbeit kommt es oft zu Vorablösungen, die bei näherer Betrachtung eventuell noch nicht genug Substanz haben. Eine erste Essenz in Form von strategischen Kernbotschaften oder Kreativkorridoren erweist sich möglicherweise als zu dünn. Der Kreativ-Direktor wird schnell wissen, ob er in die Korridore mit seinen Teams gut hineinarbeiten kann oder ob ihm frühzeitig die Luft ausgeht, weil die Richtungsvorgaben zum Beispiel zu generisch und beliebig sind. Genau jetzt gibt es die Chance, diese zu korrigieren. Vielleicht sogar zwei Schritte zurückzugehen, um dadurch schneller ans Ziel zu gelangen.

 

Lektion 7: Beziehungsarbeit pflegen
Ob der Stratege und der Kreative nach einem erfolgreichen Projekt ein Dream-Team werden, ist sicherlich offen. Zumindest haben sie gelernt, dass sie gemeinsam zu besseren Lösungen kommen, wenn sie ihre Kompetenzen und Stärken miteinander verbinden. Top-Ideen entstehen meist durch gute menschliche Beziehungen, offene Kommunikation, konstruktiv geführte Kontroversen und das Feeling, dem jeweils anderen den Raum zu geben, den er braucht, um seine Stärken voll ausspielen zu können. All das will geübt und gepflegt werden. Beim nächsten Pitch. Aber auch im Daily Business. Am offenen Herzen, das für die gemeinsame Sache schlägt. Und im besten Falle füreinander. It’s a match!

 

new business

Erschienen in: new business   Nr. 16/ 16.04.2018

Quelle Titelbild: rawpixel.com@shutterstuck.com

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