Unterschätzte Wirkung: Employer Branding in Agenturen

Was ist der jungen Generation bei ihrer Arbeitgeberwahl wichtig? Welche Rolle spielt das Employer Branding dabei? Und warum sollten Agenturen eine Arbeitgebermarke entwickeln? Die Sichtweise einer Generation Y-Vertreterin über den Nutzen des Employer Brandings in Agenturen.

Von Elisa Amzehnhoff, ehemalige Praktikantin in der Strategischen Planung bei Ogilvy & Mather und Studentin an der Europäischen Medien- und Business-Akademie, Düsseldorf.

 

Mit insgesamt 327 Ausbildungsberufen und 18.000 Studiengängen war die Wahl des beruflichen Werdegangs in Deutschland noch nie so vielfältig. Diese Vielfalt stellt junge Menschen vor eine große Herausforderung. Jährlich steigt die Anzahl der Studienangebote. Vor allem in den Bereichen Medien, Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen. Neue Jobs, wie zum Beispiel das „Virtual Reality Management“, entstehen durch die fortschreitende Technologie und Digitalisierung. Da wird die Entscheidung, was man im Zweifel ein Leben lang machen möchte, sehr schwer.

Sinn schlägt Geld

Wir, also die Young Professionals, gehören zu der sogenannten Generation Y und Z. Zur Generation Y, auch „Gen Y“, „Generation Why“ oder „Millennials“ genannt, zählen die zwischen 1980 und 1999 Geborenen.[1] Die darauffolgenden Geburtenjahrgänge, bis zum Jahr 2010, lassen sich der „Gen Z“ zuordnen.[2] Beide Generationen weisen eine hohe Affinität zur modernen Technik auf. Folglich wird die „Gen Y“ als „Digital Natives“ und die „Gen Z“ als „Born Digital“ bezeichnet. Anders als bei den Generationen vor ihnen streben sie nicht nach Statussymbolen oder materiellen Erfolgen, vielmehr ist ihnen Selbstverwirklichung wichtig.[3] Wie die Bezeichnung auch schon vermuten lässt, steht das „Why“ auch für die ständige Sinnsuche dieser Generation. Mit dieser Lebenseinstellung hinterfragen sie ihre gesamten Einstellungen und Handlungen, vor allem auch bei der Arbeit. Das geht auch derGen Z“ nicht anders. Beide Generationen suchen abwechslungsreiche Aufgaben und Herausforderungen. Beleuchtet man ihre Arbeitseinstellung tiefer, so wird deutlich, dass Freizeit, Familie und Freunde einen höheren Stellenwert haben als der Beruf. Das soll jedoch nicht heißen, dass diese Generationen faul oder gar arbeitsverweigernd sind. Ganz im Gegenteil, sie arbeiten gerne und auch hart, wenn es wortwörtlich Sinn macht. Sie wollen eine ausgewogene Work-Life-Balance haben und ihr Leben nicht für die Arbeit aufopfern. Der Beruf soll ihnen Spaß machen, Flexibilität und freie Entfaltungsmöglichkeiten bieten.

Agentur oder Kunde? Eine Zwickmühle.

Vor nicht allzu langer Zeit galten Agenturen als cooler und beliebter Arbeitgeber. Doch mit den Jahren änderte sich diese Wahrnehmung, nicht zuletzt durch das zunehmend schlechte Image der Branche: unbezahlte Überstunden, unnötig stressige Deadlines, Druck durch Pitches und Kunden. Dem entgegen stehen einige Vorteile der Agenturen: Sie bieten eine große Aufgabenvielfalt, oftmals flache Hierarchien mit jungen und internationalen Mitarbeitern.

Auf der anderen Seite befinden sich die Kunden der Agenturen, die vor allem für ihre geregelten Arbeitszeiten, ein höheres Gehalt, Zusatzleistungen und fokussierte Aufgabenfelder bekannt sind. Doch auch sie haben Nachteile: träges Image und langatmige Arbeitsprozesse sowie politisch getriebene Abstimmungen.[4]

Die Rolle des coolen Arbeitgebers besetzen nun Start-ups und Tech-Firmen. Sie haben unsere Bedürfnisse erkannt und mit entsprechenden Maßnahmen in das Arbeitsleben umgesetzt.

Agenturen: Nur für die Ausbildung top?

Doch stimmt das wirklich? Wie sieht unser „best place to work“ aus? Worauf kommt es uns bei der Wahl des Arbeitgebers an? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich einige Young Professionals in der Werbebranche befragt.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Wahl des Arbeitgebers maßgeblich auf die Attraktivität der Produkte und Dienstleistungen wie auch auf die Reputation und den Erfolg des Unternehmens zurückzuführen ist. Als Traumarbeitgeber wurden beispielsweise starke Marken wie Trivago, Google, Nike und L’Oréal genannt. Die Befragten konnten die Marken, im Gegensatz zu den Werbeagenturen, durch Alleinstellungsmerkmale klar voneinander differenzieren. Diese Wahrnehmung lässt sich vor allem damit begründen, dass die Produkte der Marken bereits bekannt sind und eine gewisse Vertrautheit auf die Marke als Arbeitgeber übertragen. Als Konsument kommen wir eher selten in Kontakt mit Agenturen, wodurch die Bekanntheit und das Image der Agenturen als Arbeitgeber fehlen.

Auf die Frage, welchen Arbeitgeber sie momentan bevorzugen, antwortete die Hälfte mit „Agentur“. Die Agenturen bieten im Vergleich zu Unternehmen ein weites Aufgabenspektrum, aus dem die Young Professionals viel lernen können. In die Zukunft schauend bevorzugen sie voraussichtlich die Kundenseite als Arbeitgeber.

Großer Nachholbedarf bei Agenturen

Die Ergebnisse der Befragung verdeutlichen den mehr als nötigen Nachholbedarf für Agenturen. Mit der Entwicklung einer Employer Brand können Agenturen ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Die Arbeitgebermarke gibt uns Orientierung und schafft Anreize, die Agentur als Arbeitgeber in Betracht zu ziehen und dort langfristig zu arbeiten. Die Tatsache, dass Agenturen von uns nur als „Ausbildungsstätte“ angesehen werden, um bestmöglichste Erfahrungen zu sammeln, ist für Agenturen wenig zielführend.

Mit der Gründung einer eigenen Employer-Branding-Abteilung etablierten sie eine starke Arbeitgebermarke. Unter Marketing-Experten ist das Employer Branding bekannt, doch warum scheint sie unter Agenturen noch relativ unberührt? Wer ist dort für die Employer Brand zuständig?

Das Ergebnis meiner Umfrage zeigt auch, dass die Agenturen ihre Werte zu wenig kommunizieren. Die Befragten hatten Schwierigkeiten, Agenturen durch Alleinstellungsmerkmale zu unterscheiden.

Um als attraktiver Arbeitgeber bestehen zu können, müssen nicht nur andere Arbeitsverhältnisse und Anreize geschaffen werden. Im Mittelpunkt der Problemlösung sollte die Entwicklung einer Arbeitgebermarke stehen. Denn Studien und meine kleine Befragung zeigen, dass es eine große Diskrepanz zwischen den Agenturimages und den Vorstellungen meiner Generation von Arbeitgebern gibt. David Ogilvy sagte einmal: „If you can’t advertise yourself, what hope do you have of advertising anything else?“ Wie recht er nach wie vor hat.

 

[1] Vgl. Çayir, Fulya (2017): Hört auf, uns Millennials an den Pranger zu stellen! In: Handelsblatt. URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/the_shift/generation-y-hoert-auf-uns-millennials-an-den-pranger-zu-stellen/19258880.html [Stand 29.03.18].

[2] Vgl. Franke, Mirijam: Wer ist die „Gen Z“ und wie verändert sie die Arbeitswelt? URL: https://arbeits-abc.de/generation-z/ [Stand 29.03.18].

[3] Vgl. Agentur Junges Herz (2018): Generation Z: Was erwartet den Arbeitsmarkt? URL: https://www.agentur-jungesherz.de/generation-z/ [Stand 20.03.18].

[4] Mit Bart und Mac (2016): Agentur vs. Unternehmen – Vorurteile und die Nachwuchsdebatte im Überblick. URL http://www.mit-bart-und-mac.de/single-post/2016/08/29/Agentur-vs-Unternehmen—Vorurteile-und-die-Nachwuchsdebatte-im-Überblick [Stand 20.03.2018].

 

 

Erschienen in: new business Nr. 29/ 16.07.2018

Quelle Titelbild: 

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