Marken konsumentenzentriert managen – zum Beispiel: Flensburger

Wie automatisierte Marktforschung strategische Entscheidungsprozesse unterstützt und die Kommunikation zwischen Agentur und Kunden begünstigt, zeigt ein Praxisbeispiel der Flensburger Brauerei.

Von Dr. Ella Jurowskaja, Unit Manager Automated Research bei EARSandEYES, Hamburg.

 

Die Marktforschungspraxis bietet zahlreiche methodische Ansätze, die als Schulterblick im Rahmen einer Kampagnenentwicklung sinnvoll sind, um das konzeptionelle Fundament der Markenstrategie zu validieren. Mithilfe von Pretests wird bereits in der Konzeptphase überprüft, wie die geplanten Kommunikationsmaßnahmen bei relevanten Zielgruppen ankommen. Mögliche Schwachstellen werden so frühzeitig erkannt und eliminiert. Und auch eventuelle Zweifel seitens des Kunden können rechtzeitig beseitigt werden. Das bestätigt auch Ramona Altenburger, Mitarbeiterin im Innovationsmarketing bei der Flensburger Brauerei.

Im Rahmen der Entscheidungsfindung für oder gegen Marktforschung sind die Kosten und der Zeitaufwand relevante Determinanten. Insbesondere der Zeitfaktor führt jedoch regelmäßig dazu, dass Entscheidungen intuitiv statt auf Grundlage von Marktforschungsergebnissen gefällt werden. Der Verzicht auf Marktforschung birgt jedoch das Risiko im Rahmen der Markenentwicklung bzw. der Kommunikationsstrategie, die Bedürfnisse der Konsumenten nicht ausreichend zu adressieren und so an der eigenen Zielgruppe vorbei zu kommunizieren.

 

Datenbasierte Insights binnen weniger Tage

Tatsächlich braucht die klassische Marktforschung Zeit. Je nach Komplexität der Fragestellung können vom Briefing bis zur Ergebnislieferung mehrere Wochen vergehen. Einen Lösungsansatz, wie sich Agenturen auch unter Zeitdruck mithilfe der Marktforschung absichern können, bieten sogenannte Self-Service-Plattformen an. Diese Plattformen funktionieren vergleichbar zu einem Online-Shop für Marktforschungsdienstleistungen. Der Nutzer, beispielsweise der Planer, wählt aus einem Vorlagenportfolio den für seine Fragestellung relevanten Test aus und konfiguriert diesen entsprechend seinen Anforderungen. Hierbei wird die Zielgruppe präzisiert, die Produktkategorie bestimmt, die Anzahl der zu testenden Stimuli festgelegt und das entsprechende Testmaterial hochgeladen. Anschließend wird die Befragung selbst gestartet. Die Interviews finden online statt und die Ergebnisse werden in sogenannten Echtzeit-Online-Dashboards aufbereitet und visualisiert. Die verkürzten und darüber hinaus automatisierten Prozesse ermöglichen eine Projektdauer von nur wenigen Tagen, sodass Marktforschung auch unter großem Zeitdruck möglich wird. So kann das Erfolgspotenzial von Kampagnen bereits in der Konzeptphase mit nur wenigen Klicks getestet werden.

 

In 48 Stunden zur Kommunikationsstrategie 

Diesen Zeitvorteil und den Komfort der Marktforschung-on-Demand machen sich auch die Marketingverantwortlichen der Flensburger Brauerei mithilfe des automatisierten Pretesting-Tools kvest.com zunutze. Aktuell wird beispielsweise entschieden, ob ein Bier mit 0,0 % Volumenalkohol (Vol.) eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden antialkoholischen Angebots ist. Um voreilige Entscheidungen zu vermeiden, wollen die zuständigen Produktmanager zunächst die Differenzierungsmerkmale zwischen alkoholfreiem und 0,0-%-Vol.-Bier aus der Perspektive der Konsumenten verstehen. Zwar ist allgemein bekannt, dass alkoholfreies Bier einen Restalkoholanteil von bis zu 0,5 % Vol. enthalten kann, dieser Wert ist jedoch gesundheitlich vollkommen unbedenklich. Und trotzdem kann zunehmend beobachtet werden, dass immer mehr Bierbrauereien ein restlos alkoholfreies Bier einführen und das Prädikat „0,0 % Vol.“ als Zusatznutzen an die Verbraucher kommunizieren.

Als Grundlage für das weitere Vorgehen hat sich die Flensburger Brauerei für einen Konzepttest entschieden. Um die kommunikative Wirkung der Kennzeichnung „0,0 % Vol.“ untersuchen zu können, wurden zwei weitestgehend identische Verbalkonzepte verfasst. Konzept 1 wurde mit und Konzept 2 ohne diese Bezeichnung formuliert. Der Konzepttest wurde mittels kvest Concept im Februar dieses Jahres durchgeführt. Um eine Beeinflussung der Stimuli untereinander ausschließen zu können, ist dieser Test monadisch aufgebaut, das heißt, jeder Befragte kann entweder Konzept 1 oder Konzept 2 sehen und bewerten. Im Rahmen des Konzepttests wurden insgesamt 200 Personen bevölkerungsrepräsentativ befragt. Die finalen Ergebnisse standen binnen 48 Stunden in dem Live-Dashboard bereit und flossen unmittelbar in die Entscheidungsfindung der Flensburger Brauerei ein.

Es konnte festgestellt werden, dass beide Konzepte sehr positiv bei den befragten Personen ankommen, wobei Konzept 1 insgesamt besser bewertet wird als Konzept 2. Dieser Unterschied lässt direkt auf einen positiven kommunikativen Effekt der Kennzeichnung „0,0 % Vol.“ schließen und auch die Heatmaps der Bereiche, die den Probanden besonders gut gefallen haben (englisch Likes), bestätigen diesen Effekt (vgl. Abbildung 1). Bei einer detaillierten Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass das 0,0-%-Vol.-Bier mit 60 Prozent Zustimmung gut bis sehr gut von den befragten Personen angenommen wird. Und auch hinsichtlich der KPIs Differenzierung, das heißt der Abgrenzung von der Konkurrenz, Glaubwürdigkeit des Produkts sowie der Passung zu Flensburger (Marken-Fit), die bei einer Neuprodukteinführung ausschlaggebend sind, wird das Konzept positiv bewertet. Einen interessanten Aufschluss für eine zukünftige Kommunikationsstrategie des Produkts hat zudem die Betrachtung der sogenannten Nicht-Verwender der Kategorie, das heißt Personen, die sonst kein alkoholfreies Bier trinken, ergeben. Rund 40 Prozent der Nicht-Verwender haben das Bier positiv angenommen. Knapp 60 Prozent dieser Befragten geben an, das 0,0-%-Vol.-Bier sei eine gute Alternative zu üblichen Erfrischungsgetränken.

Heatmaps positiver Markierungen. Quelle: kvest.com

 

Fazit

Mittels der gewonnenen Erkenntnisse konnte die Flensburger Brauerei binnen weniger Tage feststellen, dass das 0,0-%-Vol.-Bier eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Sortiments darstellt. Das Bier ist ein attraktives Angebot für all diejenigen, die bewusst auf jeglichen Alkohol verzichten wollen. Die Studienergebnisse belegen zudem, dass das restlos alkoholfreie Bier als eine natürliche Alternative zu sonst eher süßen Erfrischungsgetränken wahrgenommen wird. Insbesondere dieses Ergebnis macht deutlich, dass mit der Einführung dieser Bier-Variante neue Marktsegmente erschlossen werden können. Diese Insights müssen auch bei der Kommunikation des Produkts Berücksichtigung finden, um so die neuen Zielgruppen jenseits der bereits bestehenden Konsumenten von alkoholfreiem Bier zu erreichen.

„Mit kvest konnten wir binnen kürzester Zeit unsere Fragen beantworten und werden nun im Team über eine mögliche Neuprodukteinführung diskutieren. Die automatisierte Marktforschung ermöglicht uns ein konsumentenzentriertes Markenmanagement, denn mit nur wenigen Klicks erfahren wir, was unsere Kunden denken“, attestiert Ramona Altenburger.

 

Erschienen in: new business Nr. 22/ 28.05.2018

Quelle Titelbild: Mooshny@shutterstuck.com

 

 

 

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