Erfolgreiche Markenstrategien nur eine Suchanfrage entfernt?

Die Bedeutung von Web 2.0 in der strategischen Planung

Von Dr. Annette Bruce, Geschäftsführerin Creative Advantage GmbH, Hamburg

 

Das Netz wird mehr und mehr zu einem frei zugänglichen Spiegelbild der Realität. So gut wie kein Lebensbereich ist noch offline und in vielen haben mit dem Internet Transparenz und Demokratisierung Einzug gehalten. Insbesondere Konsumvorlieben und -wünsche vieler Menschen sind dank reger Kommunikation über soziale Medien offen zugänglich. Mehr als ein Computer mit lnternetzugang ist dafür nicht nötig. Wird in Zukunft also eine Suchmaschine ausreichend sein, um Erkenntnisse zur Entwicklung wirksamer und relevanter Markenstrategien zu gewinnen? Wie wirken sich die Entwicklungen des Web 2.0 auf das Kompetenzgebiet der strategischen Planung aus?

 

Unverfälschte Meinungen und Bedürfnisse

Zweifelsohne warten enorme Datenmengen von online Kommunikation darauf, gefunden und ausgewertet zu werden. Ihre Attraktivität liegt in erster Linie darin, dass die lnhalte nicht in Marktforschungskontexten entstanden sind. Kaufinteressierte, Nutzer und Marken-Fans tauschen sich ungefiltert über für sie hoch relevante Themen aus. Die Inhalte bergen ein hohes Potential markenstrategisch bedeutender Informationen.

Um einen ersten Eindruck der online Konsumwelten zu bekommen, kann eine manuelle Suchanfrage ausreichen. Softwaregestützte Erhebungs- und Auswertungsmethoden wie Web Monitoring, Social Media Analyse oder Netnographie liefern allerdings ein weit vollständigeres Bild. Die technischen Möglichkeiten sind aber nicht als Allheilmittel zu sehen. Auf den Gebieten Datensammlung und -aufbereitung empfiehlt sich der Einsatz von Software. Allerdings sind bei der Definition der Problemstellung sowie bei der Auswertung und der Analyse menschliche strategische Expertisen unverzichtbar.

 

Technische Hilfsmittel zur Kanalisierung der Mitteilungslust

Gerade wenn man sich aber vor dem Hintergrund der interaktiven Möglichkeiten des Web 2.0 nicht mit dem Suchen, Finden und Analysieren bestehenden Contents zufrieden geben will, ist dialogorientierte planerische Arbeit umso mehr gefragt. Denn das Web 2.0 definiert sich über Meinungsaustausch und Partizipation. Die im Mitmach-Web entstandenen Kommunikationsmedien prägen das Konsumentenverhalten und helfen dabei, die neue Mitteilungslust online zu befriedigen.

In diesem Zusammenhang sind die Philosophien der Open Innovation und Co-Creation aktuell ein dominierendes Thema in Marketing, Marktforschung und Kommunikation. Vormals rein unternehmensinterne Aufgaben von der Ideengenerierung bis zur konkreten Produktgestaltung werden in Kooperation mit Konsumenten durchgeführt oder ganz an die interessierte, motivierte und kompetente ‚Masse‘ ausgelagert.

Von der Kultur des Web 2.0 inspirierte Plattformen und Methoden schaffen Möglichkeiten zur Einbindung großer unternehmensexterner Kreativpotentiale. Viele Anwendungsfelder, die jetzt online erschlossen werden, sind allerdings nicht völlig neu. Online Tools bieten aber insbesondere Vorteile in räumlicher und zeitlicher Dimension. Im Rahmen globaler Projekte lassen sich z. B. Teilnehmer aus aller Welt vernetzen, die so – vergleichsweise kosteneffizient – ihre Beiträge leisten können.

 

Potentialreiche, aber herausfordernde neue Wege in der Strategieentwicklung

Das Web 2.0 schafft völlig neue Möglichkeiten zur Generierung von Planning-relevanten Daten und Informationen. Dies gibt einerseits der strategischen Planung die Chance, auf einer stark verbreiterten Erkenntnisgrundlage Strategien erarbeiten zu können. Andererseits bedarf es viel Erfahrung, um aus der Flut von informationen ‚gold nuggets‘ heraus zu filtern. Außerdem besteht eine Herausforderung für Strategen darin, aus dem großen kombinierten offline/online Werkzeugkoffer in Abhängigkeit der Problemstellung die richtige Auswahl an Methoden zur Erkenntnisgewinnung zu treffen. Qualitative Tools auf Web 2.0 Basis können somit eine wertvolle Ergänzung für die Analyse darstellen, über deren Einsatz streng projektbezogen zu entscheiden ist. Die Arbeit des Planning ist damit allerdings nicht leichter geworden. Nach wie vor gilt: Nur exzellente Analysen gepaart mit hoher strategischer und konzeptioneller Kompetenz sind Garant für langfristigen Markenerfolg.

 

 

Foto: “ i had the strangest dream.“ | doesnotcare | photocase.de

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